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Fehlende Tagesstruktur für psychisch kranke Menschen in Zeiten der Corona-Krise

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BAD KISSINGEN – Die Tagesstätte für psychisch kranke Menschen in Bad Kissingen ist seit dem Ausbruch der Pandemie für ihre Klienten geschlossen. Wo sich sonst täglich mehr als 20 Menschen mit den unterschiedlichsten psychischen Erkrankungen tummeln, stehen die Räumlichkeiten der Tagesstätte im Theresienstift in der Steinstr. 2 in Bad Kissingen seit mehr als drei Wochen leer. Stille, wo sonst Leben ist!

Bis zu 27 Klientinnen und Klienten werden normalerweise in der Einrichtung des Diakonischen Werkes Schweinfurt betreut, erhalten Tagesstruktur und Beschäftigung in Form verschiedener kreativer Angebote, haben die Möglichkeit, an unterschiedlichen Gruppenangeboten, aber auch an Freizeitmaßnahmen oder Ausflügen teilzunehmen und – besonders wichtig – erhalten hier ein tägliches gemeinsames Mittagessen. Das alles hat sich nun mit Ausbruch der Corona-Krise und der damit verbundenen Ausgangsbeschränkung schlagartig geändert.

„Wir sahen uns aufgrund der aktuellen Situation gezwungen, die Tagesstätte bis auf weiteres zu schließen. Und dies mussten wir dann auch unseren Besuchern mitteilen. Die Enttäuschung in den Gesichtern war groß. Sogleich kam auch mehrfach die Frage auf: „Was sollen wir denn ohne die Tagesstätte machen?“ Alle wirkten ratlos und überfordert. Wir erklärten ihnen, dass wir soweit möglich auch weiterhin als Ansprechpartner für sie da sein werden, dass telefonischer Kontakt und auch eine der Situation angepasste Form von persönlicher „Notfallbetreuung“ gewährleistet sind“, berichtet das Team.

Von üblicherweise drei Fachkräften der Tagesstätte Bad Kissingen hat sich eine Mitarbeiterin als examinierte Krankenschwester für die Dauer der Schließung zur Mitarbeit im ambulanten Kranken- und Altenpflegedienst des Diakonischen Werkes Schweinfurt zur Verfügung gestellt. Die beiden anderen Mitarbeitenden halten vor Ort „die Stellung“ und bemühen sich, soweit möglich das Beratungsangebot in der Tagesstätte für das Klientel, beispielsweise telefonisch oder über digitale Medien, aufrecht zu erhalten oder Klienten mit Materialien für daheim zu versorgen.

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Und jetzt nach drei Wochen der Schließung lässt sich feststellen: Je länger die Krise andauert, wird diese Möglichkeit von verschiedenen Klienten auch zunehmend genutzt. Denn gerade beim Personenkreis der Menschen mit psychischen Erkrankungen kann das Wegbrechen der Tagesstruktur in der aktuellen Lage sehr leicht krisenhafte Situationen verursachen. Besonders hart davon betroffen sind natürlich auch hier die alleine lebenden Personen. So unterschiedlich die einzelnen Menschen mit ihren verschiedenen Krankheitsbildern sind, so unterschiedlich ist auch deren Umgang mit der Krise.

Einigen fällt im wahrsten Sinne „die Decke auf den Kopf“ und sie melden sich von sich aus telefonisch. Manche haben einen enormen Rede- und Gesprächsbedarf oder auch Angst vor der derzeitigen Situation. Sie sind verunsichert, was noch erlaubt ist und was nicht. Alltagssituationen, die auch schon in „normalen Zeiten“ schwierig für sie sind, wie Einkaufen oder Arztbesuche, stellen jetzt noch eine größere Herausforderung für sie dar.

Bei anderen Klienten, die sich nicht von sich aus melden, stellt man dann erst am Telefon fest, wie sehr manche die Situation belastet und die Gefahr besteht, in eine persönliche Krise oder Depression zu rutschen. Wieder andere sind auch telefonisch schwer oder kaum zu erreichen, da sie ihr Handy ausgeschalten haben. Das vorhandene gute „Netzwerk“ in Bad Kissingen bewährt sich in der aktuellen Situation besonders und es zeigt sich die Wichtigkeit der engen und guten Zusammenarbeit mit den Kolleg/innen aus dem Sozialpsychiatrischen Dienst und dem ambulant betreuten Wohnen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Alleinsein eine große Herausforderung darstellt, bei vielen Langeweile vorherrscht und unsere Klient/innen sich darauf freuen, wenn die Tagesstätte wieder öffnet. Ein weiteres, häufiger auftretendes Problem ist die Verpflegung, da die finanzielle Situation bei vielen ja auch sehr eingeschränkt ist.

Aber lassen wir zum Abschluss noch einige der Klientinnen und Klienten selbst zu Wort kommen:

Frau K.: „Mir geht es nicht so gut! Man kommt ja nicht raus. Ich vermisse die Tagesgruppe. Auch mit Bekannten kann man nichts unternehmen. Manchmal telefoniere ich mit Mitbesucherinnen der Tagesstätte.“

Herr S.: „Im Moment ist es sehr ruhig draußen, es gibt ja nicht viele, die herumlaufen. Manchmal gehe ich allein in den Park. Ansonsten sitze ich viel vor dem Fernseher. Ich mache daheim zwar auch mal was, oft kann ich mich aber nicht aufraffen, hab dann keine Lust! Ich vermisse die Tagesstruktur. Und manchmal „überfallen“ mich die Probleme! Ein Problem ist die Verpflegung.“

Frau T.: „Es ist sehr langweilig! Die Gruppenangebote fallen weg und auch das gemeinsame Kochen und Mittagessen fehlen mir. Es macht mir Angst, dass die Einschränkungen noch weiter verschärft werden sollen, zum Beispiel durch das Tragen von Mundschutz.“

Herr H.: „Die Verpflegung ist sehr schwierig. Ich esse zurzeit viele Gerichte aus der Dose. Das gemeinsame Zubereiten und Essen des Mittagessens ist viel schöner! Ich schlafe tagsüber viel, die Tagesstruktur fehlt mir. Auch regelmäßige Gespräche kommen zu kurz.“

Text und Infos: Das Team der Tagesstätte Bad Kissingen Jürgen Wolfer, Janette Heß, Jennifer Stanton
Foto: Janette Heß



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