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„Da stell´ ich lauter Palmen hin!“ ´Wie die beiden Angeklagten in Sachen Haschisch-Outdoor-Anlage zu ihrem Schrebergarten kamen

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SCHWEINFURT / MASSBACH – Der Auftritt des anderweitig Verfolgten André E (25) als Zeugen im Prozess um die bis dato größte illegale Haschisch-Outdoor-Anlage in der Region war mit Spannung erwartet worden. Der Vorsitzende der großen Strafkammer des LG Schweinfurt belehrte zunächst mit Fesseln vorgeführten  Mann, der lange auf der Straße gelebt hatte und flüchtig war,  ausführlich über seine Wahrheitspflicht. Zugleich dämpfte er die Erwartungen der Anwesenden an der Wahrheitsliebe des Zeugen, weil er an dessen Angaben gegenüber der Polizei erhebliche Zweifel habe.

2012 sei er nach Frankfurt gefahren, „um Party zu machen“, berichtete der langhaarige junge Mann. Vor einem Spielcasino hätten ihn drei Marokkaner angesprochen und ihn überredet in eine Kneipe im Rotlichtviertel mitzugehen, um an einem illegalen Glückspiel teilzunehmen. Nach seinen Angaben hat er schnell verloren und Wettschulden von 10.000 € aufgebaut. Als er nicht zahlen konnte, hätten sich die arabisch-stämmigen Männer vor ihm aufgebaut: „Wir sind hier in Frankfurt. Es kann auch anders gehen! Frankfurt rules!“

Um seine Schulden abzubauen, will sich der Zeuge André E als Haschischanbauer angeboten haben, die Marokkaner sollen ihm hierfür mehrere Eimer mit Dünger sowie an 8.500 € Startkapital zugeschossen haben, das er größtenteils für den verwilderten Schrebergarten in Maßbach (7000 €) und den Sichtschutz (300 €) ausgegeben haben will. „Sie hatten kein Know-How, kein Grundstück und waren keine Nummer in Frankfurt!“, hielt der Vorsitzende Richter dem Zeugen die „Räuberpistole“ vor. Im Milieu läuft es anders ab, er könne nicht glaubhaft behaupten, diese Leute hätten in ihn als Unbekannten investiert.

„Das ist doch keine Laienschauspielgruppe“, stellte Richter Ohlenschläger klar. Nach und nach kamen immer mehr Widersprüche an der Geschichte des Zeugen auf. Das Geld für die Cannabissamen, immerhin an die 1.800 €, will er sich durch Gewinne aus Glückspielen verdient haben, ebenso die Kosten für seinen Lebensunterhalt. „Wer oder was war die Quelle für dieses Geld?“, stellte das Gericht mehrmals die entscheidende Frage. Sie blieb unbeantwortet.

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Eine Märchenstunde war offensichtlich auch das, was der Zeuge über die Beteiligung der Angeklagten erzählte. Als „Rasta“ (Anm. der Red.: Rastafari sind Mitglieder einer in Jamaika entstandenen Glaubensrichtung, die teilweise Dreadlocks und ungestutzte Bärte tragen), der Gartenbau betreibt und sich mit der Natur verbunden fühlt, will er sich dem Angeklagten S. präsentiert haben. S, der sein Cousin ist, soll dessen ehrgeizige Anbaupläne abgelehnt und ihn nur besucht haben, um sich auf dem idyllischen Gartengrundstück zu sonnen, zu chillen und die Hunde in der Natur laufen zu lassen. Ein wunderbares Bild, das der Zeuge mahlte, um nach Einschätzung des Gerichts den Vorwurf der Mittäterschaft in Zweifel zu ziehen. Der Angeklagte G. (22) habe das Grundstück nur sporadisch betreten, „allerhöchstens fünf oder sechs Mal in der ganzen Zeit.“

Das Gericht konnte zumindest etwas die Hintergründe aufklären, wie die drei Männer ihr Business aufgebaut hatten. Auf eine Anzeige des Zeugen André E. im Schweinfurter Tagblatt und im Anzeiger hatte sich die 69-jährige Eigentümerin eines Waldgrundstückes bei ihm gemeldet. Anfang März wurde man sich schnell handelseinig, nach einer Anzahlung von 1000 € erhielt der spiel- und drogensüchtige Mann die Schlüssel für das Gartentürchen. Die Dame, eine kaufmännische Angestellte, freute sich für ihr „kleines Paradies aus ineinander gewachsenen Kiefern, Tannen, Jasmin und Ziersträuchern“ einen naturbegeisterten Käufer gefunden zu haben. Sie  besuchte ihn sogar noch bis Ende Mai, kurz bevor das Grundstück auf den 25-Jährigen notariell übertragen wurde, mehrmals in dem Schrebergarten, ohne dass ihr die Cannabispflanzen und deren Eigengeruch auffielen. „Da stell ich lauter Palmen hin“, hatte ihr André E. beim Besichtigungstermin über seine Pläne mit den Steinstufen der Treppen des Schrebergartens erzählt. Da musste sogar die Strafverteidigerbank der Angeklagten schmunzeln. Daran, dass der andere Mann, wahrscheinlich der Angeklagte S., sich während des Ortstermins im Hintergrund gehalten hatte, erinnerte sich die Dame auch noch.

Zuvor hatten mehrere Sachverständige ihre Gutachten über Fingerabdrücke und THC-Gehalt der sichergestellten Drogen mit einem Reingewicht von 45,7 kg präsentiert.

Die Verhandlung wird am heutigen Dienstag, um 08.30 Uhr fortgesetzt. Die beiden Angeklagten kommen aus Schweinfurt und aus Schonungen.

Christopher Richter für inunsumsw.de



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