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Unfassbare Entwicklung nach einem Ärzte-Fehler im Leopoldina-Krankenhaus: Christian Dietz hat über vier Jahre nach dem Tod seiner Frau „den Glauben an die Gerechtigkeit verloren!“

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SCHWEINFURT / THÜRINGEN – Den 15. September 2012 wird Christian Dietz in seinem Leben nicht mehr vergessen. Seine Lebensgefährtin Sandra Vogt, die Mutter der zwei gemeinsamen Kinder, hatte über Schmerzen in der Brust geklagt. Dietz, heute 36, brachte sie ins Leopoldina-Krankenhaus, wo die 32-Jährige als medizinisch-technische Assistentin arbeitete.

Was dann passierte, ist ein unfassbarer Albtraum. Sandra Vogt hatte eine verengte Koronararterie. Beim Weiten reißt das Gefäß. Um das Blut im Herzbeutel zu entfernen, muss die Patientin punktiert werden. Doch die Ärzte treffen statt des Herzbeutels 45-mal (!) die Leber. Sandra Vogt stirbt durch inneres Verbluten, obwohl sie noch in der Nacht in die Uni-Klinik nach Würzburg verlegt wurde, weil man im Leopoldina mit der Gesamtsituation anscheinend völlig überfordert war.

Nele Rosalie ist inzwischen acht Jahre alt. Lotta Marie wurde erst Mitte Dezember fünf. Die Töchter sind Halbwaisen. Und sie leben zuammen mit dem Vater heute in Hirschbach in Thüringen, exakt 107 Kilometer entfernt von Schweinfurt. Christian Dietz zog wieder bei seinen Eltern ein, nachdem der kaufmännische Angestellte die Miete mit Nebenkosten im Haus in Forst bei Schonungen alleine nicht mehr stemmen konnte.

Seit dieser Zeit fährt der bei der Schweinfurter Firma Labelident GmbH beschäftigte Dietz den Arbeitsweg drei Mal die Woche. „Als alleinerziehender Vater ist meine Chance auf dem Arbeitsmarkt gleich null, somit muss ich diese Strapazen der Fahrt auf mich nehmen. Aber es macht mir auch sehr viel Spaß, für dieses Unternehmen tätig zu sein“, sagt er. Früher klingelte sein Wecker um 7:15 Uhr, heute um 5:00 Uhr – und der Arbeitstag endet spät in den Abendstunden. „Das ist eine Situation, für die ich nichts kann und für die sich die dafür Verantwortlichen jeder Verantwortung entziehen und mir meine und vor allem die Lebensqualität zweier Kleinkinder rauben.“

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dietz-christian-netz-2Richtig gelesen: Auch vier Jahre nach dem Unglück übernimmt man dafür im Leopoldina-Krankenhaus keine Verantwortung. Auch wenn schon ein Gutachten der Uniklinik feststellte, dass ärztliche Fehlentscheidungen und Behandlungsfehler zum Tod von Sandra Vogt führten. Fachärzte bestätigten das. „Nach dem Obduktionsbericht und dem verlangten Gutachten war alles 100-prozentig klar und die Versicherung hätte sofort regulieren müssen“, denkt Dietz. Die Verbraucherschutzzentrale bestätigte, dass selbst das Gutachten unnötig gewesen wäre.

Über seinen Erfurter Anwalt Dr. Matthias Fertig kam Christian Dietz auf Andreas Rummel vom Mitteldeutschen Rundfunk (mdr), wo man erstmals unlängst über den Fall berichtete. Und nein: „Es gab seitens der Versicherung bis heute keine Reaktion. Die Arroganz dieser Versicherung ist nicht zu toppen“, sagt Dietz. Auch über vier Jahre nach dem Drama hat die Versicherungskammer Bayern noch immer nicht beurteilen können, ob es sich beim Versicherungsnehmer, dem Lepolidina Krankenhaus Schweinfurt, um eine fahrlässige Tötung handelt. Christian Dietz: „Ich wurde häufig angesprochen von Personen, welche das ganze unfassbar finden. Hierbei steht diesen Leuten auch immer das Wasser in den Augen, selbst gestandenen Männern und ich höre dann den Satz, „Wenn mir das passieren würde?“. Dann spürt man wieder wie entsetzlich alles ist….“

Mit dem Abstand von vier Jahren: Inwieweit hat er das Geschehene mittlerweile verarbeiten können? Heilt die Zeit wenigstens einige dieser Wunden? „Die Zeit heilt keine Wunden“, sagt Dietz nichts Unerwartetes, „dieser Kampf mit der Versicherung treibt mich seelisch in den Abgrund. Die Wunde wird immer tiefer, der Verlust des geliebten Menschens; die Kinder, welche ohne Mutter groß werden müssen und dann der immer wieder kehrende Kampf gegen die Versicherung, welche einfach nicht zahlen will; der Schmerz und der Haß wird immer größer. Ich habe seit über vier Jahren noch keine Zeit gefunden zu trauern“, sagt er. Und Dietz gibt zu, dass er den Glauben an eine außergerichtlich Einigung verloren hat. „Somit habe ich auch den Glauben an Gerechtigkeit verloren!“

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Eine Frau schrieb es unter dem mdr-Beitrag aus dem Internet: „Es ist doch keine Einzelfall, dass Versicherungen auf Zeit spielen. Wünschenswert wäre, dass Versicherungen für solch eine Leistungsverweigerung bestraft werden. Wer gegen Versicherungen kämpft weiß, wie geschlossen das System funktioniert. Versicherungen sind die stärkste Finanzkraft, die wir im Land haben, deshalb werden Politiker dieses für mich persönlich teilweise kriminelle Verhalten der Versicherungen nicht unterbinden. Der Staat verdient gut an traurigen Schicksalen wie in diesem Fall….“

Die Versicherung signalisierte, dass sie alles regeln würde, wenn der behandelnde Arzt für seinen Fehler verurteilt wird. Doch Christian Dietz wirft der Versicherungskammer Bayern und dem Leopoldina-Krankenhaus vor, auf Zeit zu spielen. „Da ich noch immer in Schweinfurt arbeite hoffe ich, dass mir dort nie etwas passiert und ich in diese Einrichtung muss. Ich bin sehr enttäuscht, dass die Profitgier des Krankenhauses nicht einmal vor einer Mitarbeiterin und zweifachen Mutter halt macht, die damals seit neun Monaten in Elternzeit war“, sagt Dietz.

Und er weiß: „So einen Eingriff macht man nicht an einer 32-Jährigen, hier gibt es wirksamere Methoden, welche das Risiko auf einen fehlerhaften Eingriff minimieren. Des Weiteren ist es mir unbegreiflich, dass laut Aussage eines Pressemitarbeiters der damals behandelnde Arzt noch immer sein Unwesen im Leopoldina Krankenhaus treibt und sogar Karriere gemacht hat, obwohl seitens der Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung ermittelt wird.“

Warum sich die Ermittlungen wegen der fahrlässigen Tötung denn so lange hinziehen? „In Verfahren, die die Tötung eines Menschen zum Gegenstand haben, ermittelt die zuständige Staatsanwaltschaft immer sehr genau. Dies ist notwendig, da die Folgen für den Verursacher erheblich sein können. Insbesondere auch dann, wenn der Täter ein Arzt ist“, erklärt mit Dr, Matthias Fertig der Rechtsanwalt von Christian Dietz. Er weiß: „Die Staatsanwaltschaft Schweinfurt muss sämtlichen Beweisanregungen nachgehen, soweit sie sachdienlich sind. Der Zeitablauf ist aber nicht erklärlich.“ Ob das Leopoldina-Krankenhaus oder die Versicherungskammer hier etwas behindern wollen, möchte Dr. Fertig nicht bejahen.

Sebastian Philipp, Chefarzt der Kardiologie der Elbekliniken in Stade, hat die Behandlungsunterlagen für Christian Dietz durchgesehen. Spätestens seitdem weiß der zweifache Vater und Wittwer: „Ich habe noch nie davon gehört, dass jemand 45 Mal versucht hat, das Herz von einer Seite her zu punktieren. Das ist für mich unbegreiflich. Fehlerhaft ist ja, wenn man etwas falsch macht, was man richtig machen kann. Aber das ist so jenseits von Gut und Böse, die Anzahl an Punktionen, dass ich das nicht mal mehr als nur fehlerhaft bezeichnen kann!“

Auch seine Kinder haben die Tragödie noch nicht verarbeitet. „Ich tröste ständig ihre Augen. Meine trocknet keiner mehr und ich reiße mich zusammen, um meinen Kindern Stärke zu zeigen, damit sie sich keine Sorgen machen müssen. Aber die machen sie sich. Wenn ich wie jetzt an Weihnachten frage, was Sie sich wünschen, so lautet die Antwort ´nichts´, da sie wahrscheinlich doch etwas von unserer finanziellen Situation mitbekommen. Vor dem Gesetz darf meine jüngere Tochter Lotta nicht einmal trauern. Sie war damals neun Monate alt. Bis zwei Jahren fühlt ein Kind keinen Schmerz, heißt es laut Gesetz. Somit hat Sie auch keinerlei Ansprüche auf eine Entschädigung. Dennoch fragt sie sich ständig, warum immer nur ich sie in den Kindergarten bringe und abhole. Willkommen in Deutschland!“, klagt Christian Dietz – und das sicher zu Recht!

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Er spricht von immens hohen Kosten für Anwälte, für die bislang nur er aufkommen musste, kann das aber gar nicht mehr überschauen. Und er sagt etwas, was berührt, was eigentlich auch das Krankenhaus und die Versicherung berühren müsste: „Ich habe nur noch zwei Gründe zu kämpfen, diese heißen Nele und Lotta!“

Nachfragen bei den Beteiligten: Seitens des Leopoldina-Krankenhauses bedauert Veit-Maria Oertel als Leiter der Unternehmensentwicklung „den schicksalhaften Behandlungsverlauf. Die Folgen, insbesondere für die Hinterbliebenen sind tragisch. Wir können verstehen, dass die damit verbundene Berichterstattung Emotionen aufwühlt. Das Verfahren zur Schadenregulierung obliegt allerdings nicht uns als Krankenhaus“, erklärt er und bittet um „Verständnis, dass wir uns nicht umfassender zu einem schwebenden Verfahren äußern können“.

Seitens der Versicherung antwortet Stefan Liebl, ausführlicher. Auch ihm gehe der Tod von Frau Vogt und das Schicksal ihrer Hinterbliebenen „sehr nahe. Auch als Mitarbeiter in der Unternehmenskommunikation der Versicherungskammer Bayern verkenne ich nicht die äußerst schwierige Situation von Herrn Dietz und seiner beiden Töchter, nicht zuletzt auch wegen des langwierigen Schadenbearbeitungsprozesses.“ Als Versicherer sei das Unternehmen jedoch an vertragliche Rahmenbedingungen gebunden. Christian Dietz habe im September 2012 Anzeige erstattet und in der Folge wurde ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Versicherungsnehmer angestrengt. „Diese Strafverfahren ist bislang bedauerlicherweise vor Gericht noch nicht abgeschlossen, weshalb wir derzeit den möglichen zivilrechtlichen Ansprüchen nicht vorgreifen können“, erklärt Liebl.

Die lange Strafprozessdauer sei somit einer umfassenden Sachverhaltsabklärung geschuldet. „Auf Entscheidungen der Staatsanwaltschaft oder Terminierung der Gerichte haben wir aber leider keinen Einfluss“, sagt der Mitarbeiter in der Unternehmenskommunikation in einer Stellungnahme. Aktuell seien der Versicherungskammer Bayern die Hände gebunden. „Je nach Gerichtsentscheidung werden wir aber berechtigten Ansprüchen aus den Zivilverfahren gegenüber unserem Versicherungsnehmer selbstverständlich nachkommen.“

Auf den Bildern: Christian Dietz, zusammen mit Nele und Lotta und nur drei Wochen nach der Geburt von Lotta Marie mit Sandra Vogt. Nur neun Monate später waren seine Töchter Halbwaisen. Dietz erklärt, warum es von ihm kaum neuere Bilder gibt: „Weil keiner mehr da ist, der mich fotografieren kann….“

Hier noch der Link zur Sendung FAKT: www.ardmediathek.de/tv/FAKT/FAKT/Das-Erste/Video?bcastId=310854&documentId=39100652
Und zu EXAKT: http://www.mdr.de/exakt/aerztepfusch-100.html

Und hier eine aktuelle Stellungnahme der Versicherungskammer Bayern:

https://in-und-um-schweinfurt.de/lokales/2016/12/16/stellungnahme-der-versicherungskammer-bayern-zum-fall-christian-dietz-nach-wie-vor-sei-die-schuldfrage-ungeklaert/



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