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Die Leerstandsproblematik in der Schweinfurter Innenstadt: Mit diesen Maßnahmen soll die „Citykrise“ geheilt werden

SCHWEINFURT – Michael Seidel, zusammen mit Kollegin Magdalena Relle Vertreter des beauftragten Unternehmens CIMA aus Forchheim, wunderte sich am Dienstagmorgen: Er stellte sein Auto im Parkhaus des Museums Georg Schäfer ab, lief zum Rathaus – „dann stand ich auf dem Marktplatz und dachte: ´und jetzt?…´“

Auf kulturelle Einrichtungen weise man in Schweinfurt hin. Nicht so recht aber darauf, dass vom Zentrum der Stadt einige Gassen weggehen, die man als Fußgängerzone bezeichnet. Und genau die, die Innenstadt also, versetzt sich gerade so ein bisschen in den Krankenstand. Die Spitalstraße weist derzeit rekordverdächtige acht Leerstände auf. „Und das in einer 1a-Lage. Das ist kein temporäres Problem mehr“, weiß Oberbürgermeister Sebastian Remelé. Diese „Citykrise“, nicht die erste in diesem Jahrtausend, erfordere mal wieder Maßnahmen. Vor denen verschließe man sich im Rathaus nicht. „Denn wir sitzen ja in keinem Elfenbeintürmchen!“

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City-Manager gab´s schon mal zwei in den letzten Jahren. Beide machten nach wenigen Monaten aber wieder sang- und klanglos die Fliege. Auch das, was das Unternehmen CIMA nun plant, die Erstellung eines Handlungsleitfadens nämlich unter Einbindung des Arbeitskreises Innenstadt, hat man schon gefühlt fünf Mal gehört. Diesmal freilich scheint es notwendiger denn je zu sein. Während auch die Stadtgalerie immer wieder Mieter verliert, Läden darin leer stehen und gerüchtehalber ein, zwei so genannte Anker-Geschäfte angeblich kurz vor dem Auszug stehen sollen, scheint das veränderte Einkaufsverhalten in Verbindung mit dem demografischen Wandel das immer älter werdende Schweinfurt gerade hart zu treffen.

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15 bis 20 Prozent der Waren würden inzwischen im Internet online eingekauft werden. Bei Kleidung sind es gar 40 Prozent, bei Büchern mittlerweile stolze 70 Prozent. Mehr als 20.000 qm der Einzelhandels-Flächen in Schweinfurt werden damit überflüssig, weiß der OB. Und deshalb müsse man nun was machen. Die privaten Eigentümer der Gebäude beispielsweise ins Boot holen, damit die investieren. Feste veranstalten. Das Parkplatzangebot verbessern. Alles denkbare Maßnahmen. Aber alles schon mal gehört…

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Remelé hofft auf das neue Leben in der Innenstadt durch rund 100 zusätzliche Wohnungen nach der neuen Hadergasse auch an den Brennöfen und im Krönlein-Areal. Er hofft auf das neue Kulturzentrum am Martin Luther-Platz, das Altes Gymnasium, Stadtschreiberhaus und Alte Reichsvogtei verbindet. Und er hofft auf die Bevölkerung selbst, dass die wieder bewusst in der Stadt und nicht anderswo einkauft. Von Jubiläumsbesuchen weiß der OB, dass es viele alte Leute bedauern, wenn ein alteingesessener Laden schließt. „Aber dann höre ich, dass sie dort zuletzt vor 15 Jahren eingekauft haben…“

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citymanagerin-svenja-melchert-cima-innenstadt-00Ansprechpartner, Mediator, Kümmerer soll Svenja Melchert sein. Die 28-Jährige hat sich unter 64 Bewerbern als neue City-Managerin durchgesetzt. Die Wirtschaftsgeographin aus Goslar, die in Osnabrück (Bachelor) und Leipzig (Master) studierte, die bis jetzt in Dessau (Sachsen-Anhalt) im Bereich Wirtschaftsförderung arbeitet, sei „keine Eier legende Wollmilchsau“ und auch keine „Wunderwaffe“, denkt Remelé. Eigentümer, die nicht investieren wollen, oder Kunden, die nur im Netz kaufen, könne Melchert nicht zwingen. Doch sie könne „punkten mit Charme und Kompetenz“. Ein kleines Häuschen zur Miete am Rande der Innenstadt hat sie bereits gefunden…

Vorab bekommt Svenja Melchert bis wohl Juli von CIMA durch einen Handlungsleitfaden. Ziele müsse man definieren, eine Bestandsaufnahme machen, Konzepte erarbeiten, diese dann umsetzen. Alles schon gehabt, klar. Doch Michael Seidel glaubt trotz fehlender Hinweise auf Geschäfte an Schweinfurt. Handel, Wohnen und Kultur ließen sich hier gut verbinden. Erlebniswert habe die Stadt, genauso Aufenthaltsqualität durch verschiedene Plätze mit genügend Gastronomie. Man möge hoffen, dass er nicht ein Open-Air-Konzert auf dem Marktplatz vorschlägt, ohne vorher mit allen Anwohnern gesprochen zu haben…

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Digitalisieren müsse man die Innenstadt. Soll heißen: Man müsse alle Läden auch online finden, was heutzutage absolut notwenig ist. „Man kann viel bewegen, wenn man mit den Leuten spricht“, sagt Svenja Melchert. Das wird sie bald tun. „Ich bin mir der Herausforderung bewusst“, zeigt sich die baldige City-Managerin kampfeslustig. Anreize für Existenzgründer will sie setzen, damit die Leerstände belegen, sich dem Thema Parkplätze annehmen, für Belebung sorgen mit Veranstaltungen. „Ich bin mir sicher, dass wir einen guten Fang gemacht haben. Sie wird Spuren hinterlassen“, lobt schon mal der städtische Wirtschaftsförderer Hans Schnabel.

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Schnabel war einst erster Geschäftsführer der Attraktiven Schweinfurter, dem vor 30 Jahre gegründeten Vorgänger von Schweinfurt erleben, dem Einzelhandelsverband, dessen geschäfte Schnabel noch immer führt und der auf seiner Homepage als Aufmacher „Aktuelles“ vorstellt wie den Schweinfurter Weihnachtsmarkt, das Winterdorf, den City-Flohmarkt, das mittelalterliche Bürgerfest oder den verkaufsoffenen Sonntag im Oktober – alles vergangene Veranstaltungen…. Deutlicher könnte man mit diesem Werbeverein nicht belegen, woran es in der Schweinfurter Innenstadt krankt. Öffentlichkeitsarbeit kennt Schweinfurt erleben e.V. nicht. Und deshalb mag sich mit Jens Drescher der zweite Vorsitzende auch nicht zu recht beschweren, wenn in den Medien größer steht, dass ein Geschäft schließt, als wenn es wieder aufmacht. So im Falle von Hussel, einem Leerstand in der Spitalstraße. Der Laden macht bald in der Keßlergasse wieder auf, dank Dreschers Vermittlung. Aber ob er (Hussel) das dann auch bekannt macht?…

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„Das einzige Beständige im Handel ist der Wandel“, weiß Geschäftsmann Drescher. Doch die neuen Herausforderungen müsse man eben annehmen. Schweinfurt sei öfters mal eine Reise wert. Und wer sich erst einmal in die Stadt verliebe, kommt bestimmt immer wieder. Und sei es nur zum Besuch von Onkel Doktor. Auch das ist ein Thema: Die Ärzteversorgung in der Innenstadt, die nicht nur Patienten bringe. Denn die wollen sich nach einer Behandlung vielleicht gleich danach belohnen, denkt Jens Drescher. Mit einem Einkauf im Laden nebenan….

Michael Horling
redaktion@inundumsw.de



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