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Hat der Freistaat Bayern kein Interesse am Tierschutz? Offener Brief an Horst Seehofer, offene Kosten für den Tierschutzverein Schweinfurt

MÜNCHEN / SCHWEINFURT – Der Deutsche Tierschutzbund, Landesverband Bayern, macht auf seiner Homepage (www.tierschutz-bayern.de) jüngst wieder mobil. Mit einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten Horst Seehofer wird das fehlende Interesse des Freistaats am Tierschutz angeprangert. Auch der Tierschutzverein Schweinfurt Stadt und Landkreis e. V. mit dem Tierheim in Schwebheim sitzt aktuell noch auf offenen Kosten, welche durch Sicherstellungen von Welpentransporten angefallen sind.

Keinen Cent investiere Bayern in den Tierschutz, heißt es. Der sei ein Grundrecht und im Grundgesetz Art. 20a („Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.) “verankert. Aber aus illegalen Transporten und Animal Hoarding Fällen bestehen bayernweit bereits über 800 000 Euro offene Rechnungen. Der Brief an Seehofer sei „eine auf Bayrisch ´schallende Watschn´- und das dezent ausgedrückt.“

Die Präsidentin des bayerischen Landesverbandes des Deutschen Tierschutzbundes, Nicole Brühl, schrieb an Seehofer, dass sie sehr wohl zur Kenntnis nehme, dass der Freistaat mit dem Doppelhaushalt 2017/2018 117 Milliarden Euro für die bayerischen Familien, für ein sicheres und freies Leben, für die Schulen und Hochschulen, für die Arbeitsplätze für morgen, für eine gesunde Umwelt und für eine vitale Kultur investiert. Aber: „Ausgenommen davon sind jedoch nach wie vor die über 100.000 bayerischen Bürgerinnen und Bürger, die in unseren 109 Tierschutzvereinen organisiert sind. Ausgenommen davon sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den 85 Tierheimen in Bayern arbeiten und die vielen, vielen Ehrenamtlichen, die sich in den Tierheimen engagieren“, so Brühl.

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Bayern sei das einzige Bundesland, in dem sich kein einziger Cent – mit Ausnahme der Preisgelder für den Bayerischen Tierschutzpreis – im Doppelhaushalt für den Bau, den Unterhalt und den Betrieb der Tierheime findet. 1994 seien die im bayerischen Haushalt für den Tierschutz enthaltenen DM 100.000 (als Bagatellförderung) ersatzlos gestrichen worden – und seither wurden alle Anträge, Geld für die Tierheime und ihre Arbeit in die jeweiligen Doppelhaushalte einzustellen, mit den Stimmen der CSU abgelehnt.

Die bayerischen Tierheime nehmen Jahr für Jahr durchschnittlich 50.000 Tiere wie Hunde, Katzen, Kleintiere, Vögel, Exoten, Großtiere aber auch Wildtiere auf. Diese Tiere kommen als Fundtiere (ca. 50 %), Abgabetiere, Verwahrtiere der Behörden, herrenlose Tiere etc.

So sind allein aus der Aufnahme von Hunde- und Katzenwelpen, Vögeln und Exoten aus illegalen und beschlagnahmten Transporten aus den letzten drei Jahren noch Rechnungen in Höhe von knapp 800.000 Euro aus den Dienstleistungen und Tierarztausgaben der bayerischen Tierheime offen, die weder von den zuständigen Landratsämtern oder sonst einer einweisenden Behörde beglichen werden.

Nicole Brühl schrieb an Seehofer: „Um es plakativ auszudrücken: Weder die Veterinärämter, noch der Zoll oder die Polizei könnten in Bayern Tierschutz-, Seuchenrecht- oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung vollziehen, wenn wir nicht ständig helfen würden und – so gut wie immer auf unseren Kosten sitzen bleiben. Auch für den Bau und den Unterhalt der Tierheime gibt es keinen einzigen Cent an öffentlichen Mitteln. Dies führt dazu, dass ein Teil unserer bayerischen Tierheimen vor dem Aus steht.“

Und weiter: „Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, uns fehlt jedes Verständnis bis hin zur Fassungslosigkeit, warum Bayern noch immer das einzige Bundesland ist, in dem die Tierschutzvereine und die Tierheime buchstäblich im Regen stehen gelassen werden und unsere Arbeit keinerlei Wertschätzung durch die Staatsregierung erfährt.“

Davon kann auch der Tierschutzverein Schweinfurt ein Lied singen. Vorstand Johannes Saal hat im letzten Jahr Klage vor dem Verwaltungsgericht Würzburg für den Verein eingereicht gegen das Landratsamt Schweinfurt und den Freistaat Bayern. Es geht um eine Forderung in Höhe von fast 30.000,00 Euro.

Warum die Klage? Das Tierheim begehrt Erstattung der entstandenen Kosten, die durch die Übernahme, Verwahrung und Pflege von Hundewelpen, die einem illegalen Welpentransport entstammen, verursacht wurden. Mitte Juli 2013 wurde auf der A70 durch die Polizeibeamten der PI Werneck illegaler Tiertransport mit 78 Hundewelpen aufgegriffen. Auf staatsanwaltschaftliche Anordnung wurden die Tiere nach Schwebheim gebracht.

Unter tätiger Mithilfe weiterer umliegender Tierschutzvereine erfolgte im weiteren Verlauf eine Verteilung der Tiere auf die Tierheime Coburg, Feucht, Lichtenfels, Wunsiedel und Frankfurt/Main. 25 Welpen verblieben im Schwebheimer Tierheim,

Alle Hundewelpen wurden bei der Übernahme von der Polizei an das Tierheim eingehend tierärztlich untersucht. Aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes mussten die Tiere intensiv behandelt und betreut werden. Teilweise waren sogar stationäre veterinärmedizinische Versorgungsleistungen erforderlich. Hinzu kam, dass praktisch alle Welpen (auf unseren Bildern sind sie zu sehen) viel zu jung von ihren Muttertieren getrennt worden waren, so dass auch im Tierheim des Klägers (wie in allen anderen Tierheimen) eine ganz besonders intensive Betreuung und eine 24-stündige Überwachung und Pflege der Welpen erforderlich war. Diese Aufgaben leisteten der Kläger und die anderen Tierheime alleine mit der Hilfe und dem engagierten Einsatz ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter und einiger Tierärzte.

Nach Aufhebung der Beschlagnahmung durch die Staatsanwaltschaft stellte sich die Frage nach dem Verbleib der angeschlagenen Hundewelpen, bei denen keinerlei wirksamer Impfschutz vorlag. Die Tiere stammten von einem gewerblichen „Hunde-Vermehrer“-Betrieb aus Tschechien. Nahezu alle Welpen waren von Parasiten befallen, teilweise schwer und ansteckend erkrankt. Aus diesem Grund mussten die Tiere bis zur kompletten Gesundung und der Wirksamkeit einer Tollwut-Schutzimpfung in Quarantäne gehalten werden. Leider haben durch den schlechten Grundzustand und die Umstände des Transportes nicht alle Hundewelpen überlebt.

Bis auf die Kosten für die erste Aufenthaltswoche hat der Tierschutzverein noch kein Geld gesehen. In der ersten Woche waren die Tiere durch die Staatsanwaltschaft Schweinfurt beschlagnahmt. Die Klage wird aktuell vom Verwaltungsgericht Würzburg geprüft. Die Erfahrungen des Tierschutzvereines Schweinfurt und anderer Tierschutzvereine freilich passen zum offenen Brief des Tierschutzbundes an Ministerpräsident Horst Seehofer. In Bayern scheint das Wohl der Tiere in der hohen Politik bislang anscheinend kein Gehör zu finden.



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