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Campino und Campione: Warum der FC 05 dank Adam Jabiri von der 3. Liga träumen darf und gegen Havelse auf 3000 Fans im Stadion hofft – MIT FOTOS & VIDEOS!

BAYREUTH / SCHWEINFURT – An Tagen wie diesen kommt alles zusammen. 2013 spielten die Toten Hosen auch im Bayreuther Hans Walter Wild-Stadion. In dem Jahr, als der FC 05 in die Regionalliga Bayern aufstieg und Campino beim Gastspiel im Willy-Sachs-Stadion dazu gratulierte. Gänsehaut pur. Auch als Nico Rinderknecht im Jubelkreis gegen 16 Uhr sein bald anstehendes, privates Glück verkündete.

Es folgte eine bemerkenswert kurze Ansprache von Vorstand, Geschäftsführer und Hauptsponsor Markus Wolf. Eines von drei Zielen hätten die Schnüdel erreicht. Erst eines. Das natürlich höchst beeindruckend: Drei Spiele, drei Siege, 8:1 Tore in den Play-off-Partien. Die zwei noch ausstehenden sind hinfällig, allen Anschein nach wird kommenden Samstag in Aschaffenburg gegen Bayreuth gar nicht mehr gekickt. Die Spvgg, die beim 0:4 gegen die Schweinfurter eigentlich alles schuldig blieb, steht immerhin im Ligapokal-Halbfinale am Dienstag gegen Illertissen und kam den Traum von der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde leichter verwirklichen als die Grün-Weißen.

Denen darf man in der Verfassung von Bayreuth zutrauen, auch die Etappen zwei und drei zu gewinnen. Als da wären: Am 12. Juni gegen und am 19. Juni in Garbsen bei Hannover die Aufstiegsspiele zur 3. Liga gegen den TSV Havelse als das nun große und realisierbare Sehnsuchtsziel. Die Niedersachsen können nur testen, spielten bei Carl-Zeiss Jena und gegen Borussia Hildesheim jeweils 0:0. FC-Trainer Tobias Strobl und sein Team werden sich ab sofort intensiv mit Havelse beschäftigen. Markus Wolf tat es schon, spricht von einer „stabilen Mannschaft mit gefährlichen Standards. Die können schon Fußball spielen!“

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Der Samstag stand nach eindrucksvoll getaner Arbeit ganz im Zeichen des Feierns. „Ein oder zwei Bierchen im Bus, auch mit Alkohol“, wollte Strobl den Jungs genehmigen und ließ sich noch auf dem Platz selbst eines schmecken. Ein Helles Arcobräu aus Moss in Niederbayern, eher unpassend zwar für die Bierstadt Bayreuth. Aber scheinbar hatte jemand vergessen, den Rothen Gerstensaft der Familie Borst mit in den Bus zu nehmen. Egal.

„Es gibt doch nichts Schöneres, als als den Sack hier zuzumachen vor 50 mitgereisten Fans“, strahlte Strobl schon vorher und zeigte sich beeindruckt von den Anhängern hinter den Stadiontoren, die nicht sehen konnten, aber leidenschaftlich von draußen anfeuerten. Da war es kein Wunder, dass der Weg der Mannschaft nur Sekunden nach dem Abpfiff schnurstracks hinter die Abgrenzung zu dem Zaun führte, wo ausgiebig gemeinsam mit diversem Liedgut. Das „Campione“ klingt auch Stunden danach noch gut in den Ohren.

Beim Hüpfen vor den Anhängern stand Adam Jabiri noch mit am ruhigsten da. Ausschnaufend und Kräfte sammelnd. Am Fronleichnamstag wird Schweinfurts unverwüstlicher Torjäger 37 Jahre alt. In Bayreuth staubte er nach furchtbaren Abwehrfehlern der Hausherren zum 0:1 ab und schob zum 0:2 geschickt ein. „Weil ich immer nach dem Ball schaue und nicht abschalte. Ab und zu hat man dann auch ein bisschen Glück“, grinste der Routinier, der bewusst Spvgg-Keeper Sebastian Kolbe in Schutz nahm. „Er war zwei mal über 180 Minuten gegen uns der beste Bayreuther, hat sogar einen Elfmeter gehalten. Eine Aktion schmälert da die Leistung nicht“, sagt Jabiri. „Agieren, nicht reagieren“ wollte man auswärts von Beginn an, wie im Hinspiel hätte es zur Pause schon 3:0 oder 4:0 stehen können für den FC 05. „Wenn der Gegner nicht zur Entfaltung kommt, wenn es leicht ausschaut, dann hat man seine Aufgabe ordentlich erledigt“, resümierte der Goalgetter. „Heute waren wir insgesamt einen Ticken seriöser vor dem Tor“, lobte Tobias Strobl.

Und der Coach weiß: „Die Frage stellt sich aktuell nicht, weil er ja noch da ist. Aber wenn nicht mehr, dann müssen wir uns umschauen oder einen wie ihn ausbilden!“ Es geht um den Kitzinger Jabiri, inzwischen Architekt in Schweinfurt mit Dienst von Montag bis Donnerstag, und mit der noch immer riesengroßen Lust, in Sascha Mölders-Manier, nur mit weitaus athletischerem Körperbau, den Gegnern überwiegend am Wochenende nicht reinen Wein, sondern ein rundes Leder einzuschenken.

17 Buden sind diese zweijährige Saison verzeichnet für Jabiri, 66 Punktspiel-Treffer seit 2016, als er von den Würzburger Kickers zum FC 05 zurückkehrte, für den er zum Karrierebeginn schon mal auflief und unter Trainer Wolfgang Hau Landesliga-Meister wurde. Mit den Rothosen stieg er 2015 nach 14 Toren in die 3. Liga auf, kam dort auf 25 Einsätze und vier Buden, die zum Sprung in die 2. Bundesliga beitrugen. „Ich bin sehr stolz darauf und hoffe nun, auch mit meinem zweiten Heimatverein in den Profifußball aufzusteigen.“ Sein Vertrag läuft für nächste Saison noch. „Ich mache das, so lange ich mich gut fühle, Spaß habe und der Verein mich haben will“, sagt Jabiri.

„Wir haben noch nicht das erreicht, wo wir hinwollen“, betonte Tobias Strobl. „Nicht vom Gaspedal“ werde man nun gehen, auch wenn die Partie am Dienstag vor wohl 250 Fans ein reiner Freundschaftskick wird, sofern Aschaffenburg überhaupt noch antreten wird. Verbandsspielleiter Josef Janker kündigte die Meisterehrung an, der FC-Coach möchte das optimale Dutzend Punkte voll machen. Und natürlich wird rotiert, „dafür ist die Breite bei uns im Kader zu groß“. Für Markus Wolf ist das die ideale Gelegenheit für die zweite Garnitur, sich für die Niederlage letzten Dienstag in Eichstätt zu rehabilitieren.

Die sorgte dafür, dass an den kommenden Samstagen jeweils kleine Schlager im Willy-Sachs-Stadion anstehen. Eine Woche vor dem Gastspiel von Havelse müssen die Schnüdel mit einem Sieg gegen den Lokalrivalen aus Aubstadt das Finale der Trostrunde im Ligapokal erreichen, in dem sie dann den Einzug ins Viertelfinale des BFV-Pokals schaffen können. Ein paar Heimspiele warten wohl noch auf die Schweinfurter, die Ende 2019 letztmals vor vielen Fans kicken durften. Das Derby gegen die Grabfelder gilt als perfekte Generalprobe für die Partie gegen Havelse.

Für Wolf, der die Unterstützung von 500 in Bayreuth zugelassenen Zuschauern bemerkenswert fand, war das nach Spielende am Samstag ein Grund, um mal wieder deutliche Worte zu finden. „Eigentlich ein Witz“ sei es, wenn nur 250 Fans gegen Aschaffenburg oder Aubstadt kommen dürften. Ohne Sponsoren (und die Unterstützung der Fans bei Aktionen) wäre Profifußball nicht mehr möglich in Schweinfurt. Staatliche Zuschüsse bekam der FC 05 in der Pandemie nicht. „Wir nehmen das Virus natürlich ernst. Aber lasst die Leute endlich wieder Fußball schauen“, fordert er mit Seitenhieb auf Markus Söder, der aktuell nur lockere, damit zur anstehenden EM nach München Zuschauer ins Stadion kommen dürfen. „Wenn dann bei uns gegen Havelse nicht wenigsten 3000 bis 5000 rein dürfen, dann soll er das bitte begründen“, sagt Wolf mit Hinblick darauf, dass geimpfte und genesene Menschen ja eh keine Gefahr darstellen und in Bayreuth alle anderen einen negativen Test vorweisen mussten. Trotzdem blieben alle Stehränge leer, dafür feuerten auf der Tribüne die Fans der Altstadt dicht an dicht stehend teils ohne Masken über Nase und Mund ihre Elf (vorbildlich bis zum Abpfiff) an. Verstehen muss man das alles nicht.

Auch nicht den Modus der Play-offs. Bis Freitag gingen die Vereine, die Medien, allesamt davon aus, im Falle einer Punktgleichheit würde der direkte Vergleich zählen. In der Donnerstagsausgabe vermeldete das der Kicker, das Sportmagazin, das eigentlich das führende Leitmedium sein will. Peinlich! Spätestens Samstagfrüh aber war allen Schweinfurtern klar, dass nur ein Sieg die vorzeitige Meisterschaft bedeuten kann. „Da war klar, dass wir gewinnen müssen und auch werden. Deshalb hatte ich auch keinen Bammel, war nicht aufgeregt und in der Kabine ganz ruhig“, erzählte Markus Wolf. Und später im Jubelkreis emotional. Mit viel Lob, aber auch deutlichen Hinweisen an das Team. Zwei weitere Ziele gilt es noch zu erreichen. Um vielleicht schon im Sommer auf den 1. FC Kaiserslautern und Bayern München zu treffen.
 
Fußball-Play-offs der Regionalliga Bayern:
Spvgg Bayreuth – 1. FC Schweinfurt 05: 0:4 (0:2)
Schweinfurt: Zwick – Haas, Grözinger (ab 87. Yarbrough), Billick, Rinderknecht, Böhnlein, Fery (ab 87. Cekic), Adlung (ab 80. Maier), Suljic (65. Marinkovic), Thomann, Jabiri (ab 80. Laverty); Trainer: Strobl.
Tore: 0:1, 0:2 (12., 25.) Adam Jabiri, 0:3 Marcel Götz (53., Eigentor), 0:4 (79.) Sascha Marinkovic.
Besondere Vorkommnisse: Marinkovic scheitert per Elfmeter an Keeper Bayreuths Sebastian Kolbe (69.).
Zuschauer: 500 (plus 50 Schweinfurter außerhalb des Stadions)

Aus Bayreuth berichten mit Text, Fotos und Videos: Michael Horling und Petra Moritz für SW1.News und FuSWball.de



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