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„Das ist nicht mehr lustig und akzeptabel!“ – Bei Testeinkäufen bekam jeder dritte bis vierte Jugendliche problemlos alkoholische Getränke

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SCHWEINFURT – Jüngst durchgeführte Jugendschutz-Testkäufe in Stadt und Landkreis Schweinfurt haben ergeben: Jeder dritte oder zumindest vierte Versuch von Minderjährigen, in Einkaufs- und Getränkemärkten oder Tankstellen branntweinhaltige Getränke zu erwerben, hat funktioniert. Der Stadt, dem Landkreis sowie den Polizeiinspektionen Schweinfurt und Gerolzhofen war das nun sogar eine eigene Pressekonferenz im Rathaus wert. Tendenz: Trotz eines tadellosen Verhaltens von rund 70 Prozent der Verkäufer und damit geringer Verstöße im Vergleich zu anderen Kommunen gilt: Aufklärung ist weiter notwendig!

Die Tests verliefen so: In den vergangenen Wochen simulierten minderjährige Auszubildende von Stadt und Landkreis in Begleitung von Jugendamt und Polizei scheinbar reale Einkäufe. Danach wurden Verkaufskraft und Geschäftsführung jeweils informiert. Bußgelder gab es – bis auf einen Wiederholungsfall – auch für die schwarzen Schafe nicht. „Es war eine Aktion mit erhobenem Zeigefinger“, so Polizeidirektor Detlev Tolle, der weitere Testkäufe ankündigt. Und dann sind Bußgelder bis sogar mehrere 1000 Euro möglich. Für die Geschäfte, wohlgemerkt. 27 Verkaufsstellen im Stadtgebiet, darunter zehn Tankstellen, deckten 80 Prozent aller Einkaufsmöglichkeiten ab. In 33 Prozent der Fälle wurden Spirituosen an Minderjährige verkauft. „Die anderen Geschäfte gehen wir im nächsten Durchgang an“, warnte Thorsten Schubert vom Stadtjugendamt. Seit 2009 sind solche Testkäufe rechtlich erlaubt. „Wir können sie durchführen, ohne die Inhaber aufs Glatteis führen zu wollen“, sagt Schubert.

Seine Kollegin Andrea Handwerker vom Landkreis weiß: „Wann immer sich Jugendliche in den Fereien auch im Freien treffen – es ist immer Alkohol dabei!“ Den findet man auch schon mal im Keller des Elternhauses und bringt ihn im Ricksack mit. Meistens aber wird er besorgt, wobei oftmals auch gerade knapp über 18-Jährige als „Mittelsleute“ auftreten. Strafbar machen sich nicht nur die Betreiber von Geschäften und Lokalitäten oder die Veranstalter, sondern auch 20-Jährige, die den Schnaps kaufen und dann weiter reichen. Handwerker berichtet von einem Fest jüngst, als gleich vier Verstöße dieser Art bekannt wurden.

Landrat Harald Leitherer bedrückte ein Erlebnis bei einem Testkauf, als die wartenden Kunden die Kassenkraft derart zeitlich unter Druck setzten, dass sie einer 16-Jährigen Alkohol verkaufte. Oberbürgermeister Sebastian Remelé kennt die Prozentzahl von über 18 bei Straftaten in Schweinfurt unter Alkoholeinfluss. Das sei „nicht atemberaubend hoch, aber wir können es nicht ignorieren“, so der OB bei den Vergleichszahlen aus Deutschland (13,7 %) und Bayern (15,9 %). Detlev Tolle erinnert sich ungern an den erst letzten Freitag, als in der Nacht in der Inspektion sieben Jugendliche saßen. „Vier waren sinnlos betrunken, drei zugekifft. Die herbeigerufenen Eltern waren aber froh, dass der Hinweis von außen kam. Wenn die Polizei im Spiel ist, dann nehmen sie das ernst!“

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Der Schweinfurter Polizeidirektor wil zwar „nicht päpstlicher als der Papst sein“, denkt aber als selbst zweifacher Vater von gerade heranwachsenden Kindern an seine eigene Jugend: „Wir haben unsere Erfahrung nur mit Bier gemacht. Nach drei bis fünf passte nichts mehr rein. Aber nach einigen harten Drinks wissen die jungen Leute heute teils gar nicht mehr, wie sie heißen und machen sich in die Hosen. So betrunken waren wir früher nie. Was wir da teils zusammen lesen müssen, das ist ein völliges Desaster, das ist nicht mehr lustig und akzeptabel. Da müssen wir als Gesellschaft unbedingt dagegen steuern“, so Tolle.

Was tun? „Der Warnschuss hilft vielleicht weiter. Aber nun muss die Gegenprobe zeigen, ob die Aktion gewirkt hat“, sagt Detlev Tolle. Im Landratsamt gibt es beispielsweise Info-Veranstaltungen für Eltern, Gewerbetreibende oder Tankstellenbesitzer zum Thema „Alkohol an Jugendliche“. Manche Läden haben Kassenprüfsysteme, bei denen die Verkäuferin beim Durchziehen bestimmter hochprozentiger Produkte drauf hingewiesen wird zu kontrollieren, wer da denn kauft. „Wir bewegen uns insgesamt auf einem guten Weg“, denkt Andrea Handwerker. Freilich aber gibt es scheinbar auch uneinsichtige Eltern, die an sich in der Hauptverantwortung der Erziehung stehen, die aber auch schon mal krass gegenüber der Polizei reagieren, wenn sie bei einem Vorfall informiert werden. „Wieso haben sie uns jetzt nachts geweckt?“, bekamen die Beamten da schon mal zu hören.

Am Tisch bei der Pressekonferenz von links: Polizeidirektor Detlev Tolle, OB Sebastian Remelé, Landrat Harald Leitherer, Polizeihauptkommissarin Margit Endres.
Am Tisch zu zweit: Andrea Handwerker (Amt für Jugend und Familien des Landkreises) und Thorsten Schubert (Stadtjugendamt Schweinfurt).
Das Bild mit den beiden Kindern und den Bierkrügen entstand schon 2005 auf dem Schweinfurter Volksfest. Das Foto täuscht natürlich: Die Bier gehörte nicht zu den Kids.



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