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Die AfD-Veranstaltung in Schweinfurt: Viele Beschimpfungen, aber wenig Landespolitik

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SCHWEINFURT – Wenn es nach den Beteiligungszahlen bei der AfD-Kundgebung am Samstag auf dem Schweinfurter Marktplatz geht – maximal 80 AfD-Sympathisanten standen da über 800 Gegendemonstranten gegenüber – würde die selbsternannte Alternative für Deutschland bei den kommenden Landtagswahlen keinen Fuß auf den Boden bekommen.

Aber Zuschauerzahlen sind keine Endergebnisse und die Aktivitäten in den sozialen Medien, besonders in facebook, zeigen, dass die Anhänger um Gauland & Co zahlreicher sind, als es das Bild auf dem Schweinfurter Marktplatz zeigte. Umfragen sehen die AfD künftig auf dem zweiten Platz in Bayern hinter der CSU!

„Keine Nazipropaganda!“, propagierten dagegen die Anhänger von „Schweinfurt ist bunt“, das seine Gegenveranstaltung u.a. mit einer Rede der SWL-Stadträtin Dr. Ulrike Schneider auf dem Martin-Luther-Platz vorgeschaltet hatte, und ließen die AfD-Redner um Christina Baum sowie dem von AfD-Funktionären mitgegründeten Bündnis „Kandel ist überall“ mit Sprechchören kaum zu Wort kommen. Deren Anhänger hingegen forderten von der Polizei lautstark, aber erfolglos Maßnahmen gegen die Gegendemonstranten, die später von der AfD-Bühne aus als „Nazis“ und „Idioten“ beschimpft wurden. Immer wieder musste die Alternative ihre Veranstaltung unterbrechen. „Sie denken ja, sie haben gewonnen. Sie schießen sich ins eigene Bein!“, raunte eine Zuhörerin ihrem Mann fest überzeugt ins Ohr. Die Aussage der Gegendemonstranten hingegen war, dass die Aktivitäten der AfD nicht als Normalität hingenommen werden dürfen.

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In den Reden der AfD-Größen gab es viel Provokation, aber wenig konkrete politische Vorschläge. „Ich sehe auch Nazis, die stehen ausschließlich hinter dem Zaun“, polterte Christiane Christen (Rheinland-Pfalz), Mitbegründerin von „Kandel ist überall“ und frühere AfD-Funktionärin, die sich von den Gegenprotesten gestört fühlte. Den Bürgermeister von Kandel bezeichnete sie als „Kuppler von Kandel“ und als den „Mann, der den Mord befürwortet hat“. Und laut der Kriminalstatistik 365 Morde auf das Konto von Asylbewerbern gehen würden, behauptete sie, es gäbe „jeden Tag ein Mordopfer durch Migranten“.

Für Empörung sorgte die Tatsache, dass in vielen Städten zu findenden Stolpersteine der durch die Nationalsozialisten ermordeten Juden von der rechten Initiative „Kandel ist überall“ mittels einem Bildbearbeitungsprogramm bearbeitet wurde und die Namen der Opfer einfach ausgetauscht wurden. „Ein Vogelschiss der Geschichte“ ist das nicht, raunte ein Demonstrant. Die ebenfalls anwesende stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Marion Borth stellte die berechtigte Frage, ob dies nicht schon den Tatbestand der Volksverhetzung darstelle. Interessant dürfte sein, ob die Schweinfurter Staatsanwaltschaft hier tätig wird, was derzeit noch unbekannt ist. Genau wie ob die mit der AfD sympathisierende brünette Dame, die die Frage gestellt hatte, was an der Veranstaltung auf dem Marktplatz denn konkret schlimm sein soll, den Text lesen wird?

Stefan Räpple vom AfD Landesverband Baden-Württemberg versuchte erst erfolglos, die Gegendemonstranten von den politischen Zielen der AfD zu überzeugen, die er als Anti-Kriegspartei und die „einzige wahre Opposition“ bezeichnete, die doch auch von den Linken gewählt werden müsste. Er sagte, er sei kein Rassist, sondern habe seit seinem fünften Lebensjahr Patenschaften in Afrika „und jedes Jahr käme eine neue hinzu“, ohne dies vor Ort zu belegen. Wenige Sätze später stellte er seine darstellte Menschenfreundlichkeit aber selbst in Frage, als er über „diese Schwarzafrikaner, die an Bahnhöfen sitzen“ schimpfte. Sein Vorwurf an die linken und bürgerlichen Gegendemonstranten: „Ihr wollt Krieg, ihr wollte mehr Flüchtlinge!“ Den lautstarken Protest kanzelte er ab mit den Worten „Ihr Idioten“ (15:43 Uhr). Als er merkte, dass er mit seinen Worten nicht durchdrang gab er die bekannte Parole aus: „Angela Merkel ist eine Verbrecherin und mit ihr die ganze Bundesregierung!“ Darauf folgte der Schlachtruf, der aus dem AfD-Publikum wiederholte wurde: „Merkel muss weg!“

Im Anschluss sprach ein Vater eines angeblichen Opfers durch einen Asylbewerber. Weil die Gegendemonstranten hier lautstark protestieren, sprach ihnen der AfD-Kandidat Richard Graupner den Anstand ab. Allerdings verriet der Vater in seinen Ausführungen – wer genau zuhörte – dass die staatsanwaltlichen Ermittlungen ergäben hätten, sein Sohn sei als Folge einer Notwehrhandlung ums Leben gekommen. Kurz gesagt: Er war selber Aggressor. Warum die AfD so jemand auf die Bühne holte, bleibt ihr Geheimnis beziehungsweise erschließt sich, wenn man sich die weiteren unbelegten Vorwürfe einer angeblichen Verschwörung durch Staatsanwaltschaft, Verwaltung und Medien zu Gemüte führte. Durch alle Reden gingen nämlich schwere Vorwürfe an die Staatsgewalten, dass dort nur korrupte Personen sitzen würden. Als Fazit der Veranstaltung bleibt, dass viele der AfD-Sprecher ein echtes Problem mit der repräsentativen Demokratie in Deutschland haben. Beispielhaft stand hierfür die Aussage der stellvertretenden AfD-Vorsitzenden Christina Baum über die Politiker der sogenannten „Altparteien“: „Sie hören nicht auf die Bürger und brechen skrupellos ihren Amtseid.“

AfD-Spitzenkandidat Richard Graupner, selber Polizeibeamter, äußerte sich gewohnt zurückhaltender. In Richtung der gegen die Demonstranten nicht einschreitende Polizei spekulierte er, dass sich das „Schauspiel bei einer CSU-Veranstaltung so nicht abspielen“ würde. Eine der ersten Handlungen der AfD im bayerischen Landtag müsste es sein, dies zu hinterfragen. Im Übrigen forderte er ein Waffentrageverbot für Asylbewerber. Er zitierte ein Wahlplakat: „Nehmt ihnen die Messer, sonst nehmen wir euch die Ämter!“

Die Gegendemonstranten hielten mehrere Deutschlandfahnen hoch als Zeichen, dass sie die Flagge nicht von den Rechten vereinnahmen lassen. Sie gönnten den AfD-Vertretern auch nicht das erfolgreiche Abschlussbild des gemeinsamen Singens der Nationalhymne. Ein Demonstrant meinte, dass Flagge und Nationalhymne die Zeichen des neuen antifaschistischen Deutschlands seinen. Das Lied gemeinsam mit den Verfassungsfeinden zu singen, käme genauso wenig in Betracht, wie ihnen stillschweigend dabei zuzuhören. „Es geht also nicht gegen die Hymne, es geht gegen diesen Abschaum!“, sagte der Mann, der Deutsche, der gemeinsam mit Freunden mit einer Sonnenblume zur Veranstaltung gekommen war.



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