Ein Bauplatz in 20 Metern Höhe: Die Brenneckes aus Volkach wollen irgendwann ins Dach ihres Schweinfurter Bunker-Museums einziehen – MIT VIELEN FOTOS!

SCHWEINFURT – „Weil ich keine Nachbarn mag!“ Nils Brennecke muss selbst ein bisschen lachen, als er diese Antwort gibt. Auf eine ernste Frage aber. Denn der 40-Jährige sollte begründen, warum er mit seiner Frau Petra das Häuschen in Volkach aufgeben will, um demnächst irgendwann in einen Bunker zu ziehen. Genau genommen: In das Obergeschoss und auf das Dach des Fichtel- und Sachs-Bunkers in der Schweinfurter Ernst-Sachs-Straße.
Dort ist Gattin Petra einst aufgewachsen. Das ist nicht der alleinige Grund. Auch nicht das mit den Nachbarn. Ein Bauplatz in 20 Metern Höhe lässt es nur vermuten. „Wir stehen auf außergewöhnliche Architektur und Wohnen“, sagt Brennecke. Und daher der Plan, ein Penthouse zu errichten, in das die Brenneckes dann einziehen wollen.
„Hinknien, anklopfen und um Audienz betteln!“ Das steht am Eingangsbereich auf einer Fußmatte im Erdgeschoss des 1941 errichteten Bunkers. Der öffnet am kommenden Wochenende, am 11. und 12. April, für die Allgemeinheit. Vor dann genau 70 Jahren marschierten die Amerikaner in Schweinfurt ein und beendeten so als Besatzungsmacht den 2. Weltkrieg. Vorbei war die Zeit, als in den damals 13 Schweinfurter Bunkern, von denen es heute noch zehn gibt, die Bevölkerung Schutz suchen musste.
An diese Zeit erinert das 1. Schweinfurter Bunker-Museum, das inzwischen Einzug hielt in diesen Hochbunker gegenüber der Firma ZF und des künsftigen Sachs-Museums. Für Gruppen ab 10 Personen führt Nils Brennecke (auch Schulklassen und Vereine) auf Anmeldung rund 70 Minuten lang. Am Gedenk-Wochenende ist jeweils ab 10 Uhr geöffnet. Samstag um 16 Uhr und Sonntag ab 15 Uhr erzählt der einstige Pfarrer Schorn von den „Letzten Kriegstagen in Schweinfurt“. Buchautor Prof. Dr. Dill spricht am Samstag ab 12 Uhr. Gezeigt wird die Ausstellung „Luftkrieg über Schweinfurt“ mit einem Dokumentarfilm, in dem Zeitzeugen zu Wort kommen. Draußen werden historische US-Army-Fahrzeuge aus einem Privatbestand in Iphofen zu sehen sein.
Die Medien durften vorab Ausstellungsstücke und vor allem den Bunker sehen. Karten, Ausschnitte, Zeitungen, eine Luftschutzspritze, sogar eine acht Kilo-Tüte mit Löschsand oder Volksgasmasken haben die Brenneckes zusamengetragen, überwiegend auf ebay ersteigert. Aber auch geschenkt bekommen von Schweinfurtern. „Der positive Zuspruch ist überwältigend“, sagt der im Bereich Medien und Werbung tätige Brennecke. Von der BIMA, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben kauften er und seine Frau den Bunker. Der Preis bleibt geheim. Angebliche 60 Interessentan gab es. Die meisten wollten daraus eine Gewerbeobjekt machen. Beispielsweise eine Discothek.
Die Brenneckes bekamen Anfang 2014 den Zuschlag. Weil man über den Zivilschutz wenig liest, weil das die Großväter und -mütter noch interessiert, weil viele Schweinfurter heute nicht leben würden, wenn Oma und Opa damals sich nicht hätten schützen können, wollte der neue Eigentümer sein Museum gründen. „Zu dem Thema gibt´s viel zu erzählen“, weiß Nils Brennecke. Der Krieg an sich „oder Nazi-Kram“ sind nicht das Thema des Museums. Frühzeitig lud er den Stadtrat ein, führte durch seinen Bunker. „Das hat Spaß gemacht, die haben applaudiert“, lacht er heute und arbeitet nun „gegen das Vergessen“, wie er es nennt.
Die älteren Schweinfurter würden gerne die alten Geschichten vom Luftschutz im Krieg hören, den jüngeren müsse man das Thema unbedingt näher bringen. Mit vielen Worten und den Exponaten, für die er bisher schon „einig tausend Euro“ ausgebeben hat. Für offiziell 1022 Schutzsuchende war der Fichtel- und Sachs-Bunker einst zugelassen. 1500 bis 1800 Schweinfurter aber sollen stets in den Zellen (das Wort Zimmer wurde nicht verwendet) die Zeit verbracht haben während Luftangriffen oder der drohenden Gefahr.
Eine Heizung gab es damals zwar, jedoch keine Lüftung. Die kam erst später. 1983 wurden 20 neue Toiletten ins Gebäude, wurden Türen eingebaut, kam ein Wasseranschluss ins Haus, verputzte man die Wände des Objekts mit seinen rund 2500 Quadratmeter Geschossflächen. Putz gab´s damals nicht, weil der bei einem Angriff und einer Erschütterung womöglich zu viel Staub erzeugt hätte. Weil der Bunker mit seinen zwei Meter dicken Wänden atombobensicher sein soll, wurde er in den 80er Jahren wie 300 andere der rund 3000 Bunker in Deutschland modernisiert und wieder nutzbar gemacht. Damals stand der Russe als Bedrohung vor der Türe….
„Es ist ein Hochsicherheitstrakt“, sagt Nils Brennecke und erzählt von Anfragen. Wichtige Patientenakten beispielsweise könne er lagern, wenn er möchte. Einen Aufzug möchte er einbauen lassen, plant so langsam sein Penthouse, weiß aber noch nicht, wie er das Dach mit den mehreren Tonnen Beton abbrechen soll. Oben lagern beispielsweise auch 130 Tonnen Sand, damals als Filter gedacht bei einem möglichen Atomanschlag. Jetzt soll erst einmal das Museum Stück für Stück wachsen. Knapp 10.000 Flyer für das Gedenk-Wochenende wurden verteilt, der Ansturm könnte groß werden.
Die Wohnidee reift derweil weiter. „Nicht deshalb, weil wir viel Platz haben und deshalb unsere Müllbeutel einfach runter werfen könnten“, lacht Nils Brenecke schon wieder ein bisschen schelmisch. Irgendwann will er, irgendwann wird er nicht mehr in einem Häuschen wohnen, sondern auf dem Dach eines Hochbunkers. Und spätestens dann dürften so mancher Mensch die Brenneckes beneiden für ihre Vision.
Die Homepage: www.fichtelundsachsbunker.de
Hier der Link zu einem tollen Dokumentarfilm mit zu Wort kommenden Zeitzeugen:
https://newsallianz.de/redirect?url=https%3A%2F%2Fwww.youtube.com%2Fwatch%3Fv%3DUPnGu_pkgII
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