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Eine Zugfahrt, die ist (nicht immer) lustig: Ein halbes Jahr Knast auf Bewährung für eine austickende Frau aus Hessen

SCHWEINFURT – Eine junge, heute 26 Jahre alte Frau aus der Region Schweinfurt ist aufgrund eines Vorfalls von Ende Februar 2012 heute noch psychisch angeschlagen, hat Hemmungen, in einen Zug einzusteigen. Warum? Weil ihr an diesem Wintertag im letzten Jahr auf der Fahrtstrecke von Würzburg nach Schweinfurt etwas an sich Unfassbares passiert ist, für das sich die Verursacherin nun vor Gericht verantworten musste. Eine junge Mutter aus dem Hessischen saß im Schweinfurter Amtsgericht auf der Anklagebank. Es ging laut Staatsanwaltschaft um die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Die 30-Jährige hob auf dem Gelände des Schweinfurter Hauptbahnhofs die Hand zum Hitlergruß. „Ich bin aber nichts rechts“, rechtfertigte sie sich und will erst durch eine Recherche im Internet erfahren haben, dass so ein „Heil Hitler“ strafbar ist. Zumindest gab sie diese Verfehlung zu und hält es auch für möglich, die 26-Jährige eine „Blöde Kuh“ genannt zu haben. Die Beleidigung wurde ihr ebenso zur Last gelegt, in erster Linie aber eine vorsätzliche Körperverletzung als schlimmstes Delikt während der Zugfahrt. Ihre Erinnerung daran hatte allerdings Lücken.

Und das aus gutem Grund: Denn bei ihr wurden nach dem Herbeiholen der Polizei zwei Promille Alkohol im Blut festgestellt. Und das kurz nach 11 Uhr morgens. Weil sie angeblich zwei, drei Baccardi-Cola trank auf der Zugfahrt von Hessen, die letztlich nach Plauen führte, wo sie einen Hund abholte. Mit dabei war ihr 46 Jahre alter Begleiter. Beide sollen laut Anklage im Abteil nicht nur getrunken, sondern auch unerlaubt geraucht haben. Das störte die 26-Jährige, die sich darüber beschwerte.

Was danach passierte, ist einer jungen Frau und Mutter nicht würdig. Die Angeklagte soll der etwas jüngeren Frau die Zigarette direkt an das Gesicht gehalten haben, worauf hin die sich störende Frau die Zigarette packte und an anderen Stelle ausdrückte. Daraufhin muss die 30-Jährige die Geschädigte nicht nur beleidgt, sondern auch an den Haaren gepackt und ihren Kopf geschüttelt und gegen ein Fenster gedrückt haben. Büschelweise Haare verlor sie dabei, hatte danach Kopf- und Nackenschmerzen, wies Würgemerkmale auf. Erst als ein anderer Mann zu Hilfe kam, ließ die Angeklagte von der anderen Frau ab. Ein zufällig im Zug sitzender Polizeibeamter kam dann auch dazu.

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Das Paar aus Hessen machte sich schon zuvor auf der Fahrt wenig Freunde, weil es über Handy Musik hörte der Böhsen Onkelz, was andere Reisende als „rechte Lieder“ empfanden. Auch rechte Perolen sollen gefallen sein. Der Polizist vernahm von ihr ein noch recht harmloses „Die Ausländer bekommen Millionen und ich nichts!“, ein ermittelnder Beamter sprach von einem „Ausländer raus aus Deutschland“ aus dem Mund des Mannes am Bahnhof. Laut einer inzwischen verstorbenen Zeugin, deren erste Aussage verlesen wurde, soll er im Zug einen südländischen Mann, der zu Hilfe kam, „Ausländerschwein“ genannt haben. Die Erklärung der Angeklagten dazu: Ihr Ex-Freund und der Vater der zweieinhalbjährigen Tochter ist Türke und zahlt keinen Unterhalt. Mit dem 46-Jährigen habe sie sich darüber eben während der Zugfahrt unterhalten. Die ganzen Aggressionen, sofern sie sich denn noch erinnern konnte, fand die 30-Jährige rückwirkend „auch nicht so toll. Aber es war ja nicht so, dass sie schwer verletzt oder einen Notarzt nötig gehabt hätte“.

Das Opfer suchte jedoch noch am selben Tag ein Schweinfurter Krankenhaus auf und leidet heute noch unter dem Vorfall. „Wer kein Deutscher ist, hat kein Recht“, soll der 46-Jährige auch noch geäußert haben. Ein Verfahren gegen den Lageristen wurde zwar eingestellt, als Zeuge durfte er in Schweinfurt vor Gericht aber ausagen. Als „Gezicke zwischen zwei Frauen“ verharmloste er die Auseinandersetzung und wiederholte dann seine Ansicht auch vor Gericht. „Die Kanackis bekommen ja von uns Millionen“, gab er zum Besten und fand damit einen erbosten Staatsanwalt Axel Weihprecht vor. Richter Roman Luff verdonnerte den Mann auf Antrag wegen ungebührenden Äußerungen zu 200 Euro Bußgeld oder ersatzweise vier Tage Ordnungshaft.

Ansätze der Schuldeinsicht zeigte die Vieles bagatellisierende Hausfrau also. Sie hat hohe Mietschulden und lebt vom Geld ihres Freudes. Der generalpräventive Aspekt erforderte dennoch eine hohe Strafe. Damit die Bevölkerung keine Angst haben müssen, grundlos in einem Zug attackiert zu werden, urteilte der Richter folgender Maßen: Fünf Monate Freiheitsstrafe für die Körperverletzung und die Beleidigung, 60 Tagessätze Geldstrafe zu je 10 Euro für den Hitler-Gruß. Macht zusammen sechs Monate Freiheitssstrafe, allerdings gerade noch zur Bewährung ausgesetzt. 120 Arbeitsstunden muss die 30-Jährige als Auflage leisten, zudem 700 Euro Schmerzensgeld an die 26-Jährige zahlen. Der Staatsanwalt beantragte sogar sieben Monate Haft und sah durchaus sogar die Möglichkeit, das Urteil zu vollstrecken.



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