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Erinnerungsarbeit in die Zukunft: Nahe des Würzburger Bahnhofs wurde der DenkOrt Deportationen 1941-1944 eingeweiht

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WÜRZBURG – Am 17. Juni 1943 starteten zwei Deportationszüge vom Würzburger Hauptbahnhof nach Auschwitz, darunter ein eineinhalb Jahre altes Kleinkind. Insgesamt wurden in sieben Deportationen 2.069 Männer, Frauen und Kinder zwischen 1941 und 1944 aus Unterfranken in die osteuropäischen Durchgangs- und Vernichtungslager deportiert, nur 63 überlebten.

Genau 77 Jahre nach diesem Deportationszug hat die Stadt Würzburg gemeinsam mit dem Verein „DenkOrt Deportationen“ ein Denkmal an diesem prominenten Platz, den täglich Hunderte von Menschen passieren, eingeweiht. „Hier, wo sich täglich Menschen aus freien Stücken auf die Reise machen, ist der richtige Ort, an die Menschen zu erinnern, für die es keine Rückkehr mehr gab“, betonte Oberbürgermeister Christian Schuchardt bei der Einweihung.

Jedes Gepäckstück des Denkmals stehe nicht nur für eine unterfränkische Gemeinde, in der 1932 eine jüdische Kulturgemeinde existierte. Genauso stehe es auch dafür, dass die Menschen dieses Gepäck nicht freiwillig am Bahnhof hinterlassen haben. „Der DenkOrt Deportationen zeigt, welche mörderischen Verbrechen aus Hass begangen werden. Vielleicht ist dieses Denkmal ein Schlüssel zu besserer menschlicher Zukunft“, so die Hoffnung des Oberbürgermeisters. Identische Gepäckstücke bilden in jeder der Gemeinden die Mitte eines weiteren, dazu passenden, kleinen DenkOrtes. „Das macht dieses Denkmal so einzigartig und zu einem nicht statischen, sondern wachsenden Denkmal“, so Schuchardt. „Die zentrale Gedenkstätte für die deportierten und ermordeten unterfränkischen Juden hier am Würzburger Hauptbahnhof ist zugleich der zentrale Knotenpunkt eines Netzes von Gedenkstätten, das ganz Unterfranken überspannt.“

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Der „DenkOrt Deportationen 1941-1944“ am Würzburger Hauptbahnhof trage, fügte Dr. Ludwig Spaenle, Antisemitismusbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung, hinzu, seine Strategie nach ganz Unterfranken. Auch Spaenle betonte gerade den Ort des Denkmals am Hauptbahnhof als herausragend, zumal die Bahn bei den Deportationen nicht unbeteiligt war: „Sie stellte die Deportationen der Menschen in Rechnung und die Züge in die Vernichtungslager hatten Vorrang vor den Versorgungszügen der Wehrmacht. Dass das Denkmal „DenkOrt Deportationen 1941-1944“ in ganz Deutschland seinesgleichen suche, stellte Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, heraus. „Es ist wichtig, zu erklären, was geschehen ist und wieso; und dies jeder Generation zu verdeutlichen. Wir schulden dies nicht nur den damaligen Menschen, sondern der Demokratie und den kommenden Generationen.“ 1933 gab es in Unterfranken 109 jüdische Gemeinden, so viele wie deutschlandweit in keinem anderen Regierungsbezirk, es waren die lebendigsten jüdischen Gemeinden Deutschlands. „Wir müssen uns erinnern, damit es keine Wiederholung gibt“, mahnte Erwin Dotzel, Präsident des Bezirkstags von Unterfranken.

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Ein Denkmal, das auf Entpersionalisierung und Entrechtung hinweist

Aufgrund seiner Konzeption und Formensprache knüpft das emotional wirkende Denkmal bereits an die ersten Schritte des Arbeitskreises „Wir wollen uns erinnern“ und den sich daraus gegründeten Verein „DenkOrt Deportationen“ an. Die eigentliche Leistung dieser Form der Erinnerungskultur ist, eine Formensprache und einen Weg gefunden zu haben, den Entrechteten und Entpersonalisierten wieder ihre Identitäten zurückzugeben. 22 Fototafeln von Unterfranken, die ihr Leben auf diese unvorstellbare Weise verloren haben, nahmen an der Einweihung des DenkOrtes teil.

Die Grundidee für das 25 auf 8,50 m große Denkmal basiert auf einer Fotografie: Hauptmotiv sind die Gepäckstücke, die die Menschen links und rechts auf ihrem Weg zu den Zügen zurücklassen. Auf dem historischen Basaltpflaster der Aumühle tragen Podeste verschiedener Größe ein Kofferband in 22 Metern Länge, die Gepäckstücke sind den damaligen echten Koffern, Rucksäcken und Rollen nicht nur nachempfunden. Sie sind abgenutzt, gerissen und einfach gebraucht und sind allein schon aufgrund dieser Darstellung emotional besetzt. Sie könnten jedem gehören. Vier Informationsstelen und drei Sitzbänke fordern dazu auf, uns hier nicht nur zu erinnern und zu gedenken, sondern auch zu hinterfragen und zu spüren. Sternförmig wird der DenkOrt die Geschehnisse wieder in die Wohnorte der Menschen zurückspiegeln, die aus ganz Unterfranken nach Würzburg zusammengetrieben wurden. Für den DenkOrt Deportationen werden die Gepäckstücke, ob nun Koffer, Rucksack oder Deckenbündel, stets im Doppel hergestellt. Auch das Material erinnert bisweilen an die Menschen, es finden sich Gepäckstücke aus dem Holz jüdischer Wohnhäuser. Das jeweils zweite, identische Gepäckstück steht in den ehemaligen Wohnorten der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, in 47 Gemeinden von Adelsberg bis Willmars. In Würzburg findet sich noch ein zweiter DenkOrt, da der Stadtteil Heidingsfeld vor 1945 noch eine eigenständige Gemeinde mit jüdischer Bevölkerung war. Schulklassen waren in die Herstellung der Gepäck-Skulpturen eingebunden. Stelen vor Ort informieren über die Ereignisse und die Menschen, QR-Codes bieten schnellen Zugang zu weiteren Informationen.

Benita Stolz, Vorsitzende des Vereins DenkOrt Deportationen, schilderte die Entwicklung vom ersten „Weg der Erinnerung“, bei dem 2011 in Erinnerung an die Deportation vom Platz’schen Garten bis zum Aumühl-Ladehof 852 Tafeln mit den Namen aller am 25. April 1942 deportierten Juden getragen worden. 3.000 Menschen gingen vor neun Jahren diesen Weg der Erinnerung, es nahmen sogar Nachkommen jüdischer Unterfranken aus Israel teil. In enger Zusammenarbeit mit Architekt Matthias Braun sei in der Folge ein „soziales Denkmal entstanden, das nicht schamhaft weggerückt, sondern in aller Öffentlichkeit steht.“

Es endet hier aber nicht: Das Johanna-Stahl-Zentrum hat einen Denkort 2.0 geschaffen. Online finden sich nicht nur viele Informationen zu den Deportationstransporten aus Unterfranken, zur Konzeption des Denkmals, wie auch zu den damaligen jüdischen Gemeinden und Wohnorten (https://newsallianz.de/redirect?url=https%3A%2F%2Fdenkort-deportationen.de). Benita Stolz: „Wir haben einen langen Weg hinter uns und vor uns.“

Intensiv an der Planung für das Denkmal beteiligt waren der Verein „DenkOrt Deportationen e.V.“ und eine Vorbereitungsgruppe um Dr. Josef Schuster als Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde und Oberbürgermeister Christian Schuchardt. Das Johanna-Stahl-Zentrum sorgte für die historischen Hintergrundinformationen und biografische Angaben zu den Deportierten. Begleitet wurden die Planungen vom Kulturreferenten Achim Könneke, dem Kulturamt und dem Gartenamt der Stadt Würzburg, das unter der Leitung von Dr. Helge Grob die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes mit Erweiterung des Ringparkes und überzeugender Integration des DenkOrtes erstellte. Mit den Arbeiten für das Denkmal wurde dem Ringpark zum ersten Mal in der Nachkriegszeit Fläche zurückgegeben, etwa 400 Quadratmeter erweitert, und beachtlich aufgewertet.

Die Einweihung des DenkOrtes wurde in einem LiveStream vom BR übertragen.

Auf dem Bild von links: Bürgermeister Martin Heilig, Dr. Ludwig Spaenle (Antisemitismusbeauftragter Bayer. Staatsregierung), Kulturreferent Achim Könneke, MdL und Stadtrat Patrick Friedl, Dr. Rotraud Ries (Leiterin Johanna-Stahl-Zentrum), Dr. Josef Schuster (Präsident Zentralrat der Juden), Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Erwin Dotzel (Präsident Bezirkstag Unterfranken), Architekt Matthias Braun, Bürgermeisterin Judith Jörg.

Foto: Claudia Lother

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