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Keine Zeit für Wehmut: Für Schonungens scheidenden Bürgermeister Kilian Hartmann hat selbst die letzte Woche im Amt 80 Arbeitsstunden

Schonungen – Seine persönlichen Sachen muss Kilian Hartmann noch zusammenpacken. Das Amtszimmer im Schonunger Rathaus wird der 56-Jährige zum Monatswechsel an Stefan Rottmann übergeben. Nach dann 18 Jahren und drei Wahlperioden scheidet Hartmann auf eigenen Wunsch aus gesundheitlichen Gründen aus. Das Mainberger Urgestein, das von 1975 bis 1991 in Grafenrheinfeld lebte und arbeitete, hat sich 1971 erstmals im Mainberger CSU-Ortsverein politisch engagiert und wird bis zu seiner letzten Minute ein beliebter Bürgermeister für alle Bürger in Schonungen bleiben. Für uns stand Hartmann für ein ausführliches Interview zur Verfügung.

Wenige Tage noch, dann sind 18 Jahre als Bürgermeister in Schonungen vorbei. Beschleicht Sie so langsam die Wehmut?
Kilian Hartmann: Zu Wehrmut bin ich noch nicht gekommen, zum groß Nachdenken auch nicht. Die letzte Woche hat auch wieder 80 Arbeitsstunden, sogar diesen Sonntagabend werde ich noch am Tag vor der Amtsübergabe bei einer Versammlung in Forst zur Dorferneuerung sein. Aber obwohl ich ein Bürgermeister aus Leidenschaft bin, so freue ich mich trotzdem auf den 1. Mai, wenn ich meine hohe Verantwortung für die Gemeinde weiter leiten kann.

Bleibt man nach 18 Jahren als Bürgermeister irgendwie doch bis zum Ende des Lebens Bürgermeister?
Hartmann: Da habe ich eine ganz andere Einstellung! Alles hat seine Zeit. Aber dem 1. Mai werde ich mich nicht mehr in den Vordergrund stellen, will auch keine Bürgerversammlungen besuchen. Zurücknehmen gehört dazu, auch wenn mir das in dem einen oder anderen Fall vielleicht nicht leicht fallen wird. Aber ich möchte meinem Nachfolger die volle Entfaltungsmöglichkeit bieten. Was natürlich nicht heißt, das ich als Privatmann nicht trotzdem weiterhin auf die Schonunger Bürger offen zugehen werde.

Inwieweit werden Sie sich weiterhin politisch engagieren?
Hartmann: Dem Kreistag bleibe ich ja als Mitglied erhalten.

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Auf was freuen Sie sich nach der Zeit als Bürgermeister am meisten?
Hartmann: Ich habe mir die letzten Tage oft mal gedacht: Wenn ich abends doch mal daheim bleiben könnte! Sechs Abende mit Terminen waren normal, manchmal waren es sogar alle sieben. Letzten Sontag erst habe ich mir gesagt: Jetzt werde ich mir mal das Fernsehprogramm der übernächsten Woche anschauen! Ich arbeite ja auch gerne in meinem Garten. Bislang musste ich das immer im Akkord machen, weil ja nie die Zeit dazu bestand. Und dann haben wir ja noch vier Kinder und auch meine Frau hat mich sehr oft entbehren müssen. Aber sie wusste ja, was auf sie zukommt. Immerhin haben wir uns einst in Ebersberg in der Verwaltungsschule kennen gelernt…

Wo wird man Kilian Hartmann künftig – außer zuhause – noch öfter antreffen können?
Hatmann: Ich bin begeisterter Sänger und seit 38 Jahren Mitglied beim Sängerkreis Mainberg. Mal schauen, welchem Chor ich mich noch anschließen werde. Und natürlich wird man mich auch weiterhin in der Kirche sehen, dort ist nach wie vor meine Heimat.

Was war das schönste Erlebnis in Ihrer Zeit als Bürgermeister?
Hartmann: Es gab natürlich viele. Aber den 26. Oktober 2006 werde ich nicht vergessen. Damals ist die Höchstgrenze an Eigenhaftung von 13.33 Euro pro Quadratmeter für die betroffenen Eigentümer im Sattler-Altlastengebiet beschlossen wurden. Das ist immer noch viel Geld, aber planbar für die Leute.

Gab es irgendein Erlebnis, das Sie am meisten bedrückt hat?
Hartmann: Den 9. November 2000 vergesse ich nie. Da wurde ich darüber informiert, dass Schonungen ein Altlastenfall droht. Der Landrat rief mich an und bat mich, schnell zu einem Vier Augen-Gespräch zu kommen. Wenn wir alle, Gemeinde, Landkreis oder die Solidargemeinschaft umweltbewusster Bürger, nicht an einem Strang seitdem gezogen hätten, das mit den maximal 13.33 Euro für die Eigentümer hätten wir einzelnd nie erreichen können.

Was war das wichtigste Bauprojekt in den 18 Jahren?
Hartmann: Auch das kann ich in einem Satz nicht sagen. Wichtig war das neue Rathaus mit der verbundenen Aufwertung des Ortszentrums. Die Sanierung des alten Rathauses zur Gemeindebibliothek fällt mir ein, die Realschule in Schonungen, aber auch verschiedene Radwegeverbindungen. Und dann natürlich ganz aktuell der Bahnhaltepunkt Schonungen.

Zu ihrem Nachfolger: Die Wahl von Stefan Rottmann zum jüngsten Bürgermeister Deutschlands: War das wirklich eine Überraschung?
Hartmann: Ich hätte es ihm gegönnt, 2020 Bürgermeister zu werden, um die schönste Zeit seiner Jugend erleben zu können. Ich war damals 38 Jahre alt und in einem Familienverbund. Er ist erst 25. Ich halte ihn natürlich für fähig, mein Favorit aber war Martin Oßwald. Dass Stefan Rottmann gewählt wurde, das hat mich schon überrascht.

Sie hätten antreten können und wären sicherlich nochmal gewählt worden….
Hartmann: Meine Lebensplanung sah schon vor, nochmals anzutreten. Am 2. April 2011 aber, als ich nach einem längeren Aufenthalt aus der Klinik zurück kam, habe ich meine Entscheidung nach einem ärztlichen Gutachten schweren Herzens getroffen. Das war noch vor der Zeit, als bekannt wurde, das die SPD einen Kandidaten stellt. Mir war klar, dass der Tag nicht kommen wird, an dem ich nochmals überlegen werde. So wie ich die 18 Jahre lang Bürgermeister war, ist es mir nicht möglich, das mit angezogener Handbremse zu machen. Das ist halt meine Art. Ich war bestimmt 150 Mal im Jahr bei runden Geburtstagen. Und weil ich mir Sachen gut merken kann, habe ich so manchen Mitbürger überrascht., wenn ich nach den Wehwehchen von den fünf Jahren zuvor gefragt habe. So mancher reagierte erstaunt: „Was, das wissen sie noch?“

War Martin Oßwald der falsche Kandidat der CSU als ihr Nachfolger?
Hartmann. Nein. Er war aufgrund seiner Fachkenntnisse und der Erfahrung sogar genau der richtige Mann. Und bei nur drei Stimmen weniger kann man sicher auch nicht davon sprechen, dass er gescheitert wäre.

Bedauern Sie Martin Oßwalds sofortigen Rückzug aus der Kommunalpolitik?
Hartmann: Einerseits ja, weil er im Gemeinderat ein hervorragender Mann war. Andererseits kann ich es verstehen. Wenn man in so einer Situation als Unterlegener in schärferer Form mal Kritik übt, dann würde es doch gleich heißen, man hätte den Wahlausgang nicht verkraftet.

Wird Stefan Rottmann seine Sache meistern?
Hartmann: Davon bin ich felsenfest überzeugt! Das macht er. Er wird aber nicht in meine Stiefel treten, sondern seine ganz eigenen Fußspuren hinterlassen. Dass er mich nach seiner Wahl herausgestellt und sogar als kommunalpolitisches Vorbild bezeichnete, hat mich natürlich sehr gefreut.

Sie haben ihm ja gewiss Tipps gegeben, standen auch bereit für eine Einführung in das Amt. Kann er für 20 Jahre oder vielleicht noch länger der oberste Schonunger sein?
Hartmann: Der Typ dazu ist er auf jeden Fall. Die Frage ist nur die, wie er das gesundheitlich durchsteht. Wir haben neun Ortsteile und noch vier Weiler. So ein Bürgermeisteramt bedeutet, und das sage ich bewusst, Verantwortung auf Zeit, nicht Macht auf Zeit. Die Frage ist, ob nach einem gewissen Zeitraum nicht immer wieder eine andere Person so ein Amt übernehmen sollte.

Die Gemeinde Schonungen verändert ja ihr Gesicht. Wie gefallen Ihnen die vielen neuen Windräder oberhalb von Forst?
Hartmann: Acht sind es ja schon bei uns, zwei weitere auf der Gemerkung bei Buch. Dort soll noch eines entstehen, bei Gädheim sogar drei weitere. Die Premiumfläche des Landkreises lässt das natürlich auch zu und ich sage immer: Windräder sollen dorthin kommen, wo der Wind auch weht. Wir wollen ja den Ausstieg aus der Kernenergie und die Gemeinde Schonungen hat frühzeitig und noch vor dem Beschluss der Energiewende die Notwendigkeit erkannt und den Flächennutzungsplan geändert. Wir waren früher oft an der Ostsee, da hat uns immer etwas gefehlt, wenn wir aus dem Urlaub zurück in unsere Gegend gekommen sind. Die Landschaft verändert sich, aber man muss ja nur mal darüber nachdenken, dass es vor einigen Zeiten auch noch gar keine Strommasten gab.

Braucht Schonungen dringend eine Fußgängerbrücke über den Main, um die Mainauen touristisch nutzen zu können?
Hartmann: Ja, die wäre natürlich wichtig. Aber sie wäre eine Millionen-Investition und ist nicht zu finanzieren.

Was bringt es dem Schweinfurter OberLand, wenn künftig die Gemeinden Maßbach und Thundorf hinzustoßen?
Hartmann: Dass wir in geballter Kraft Wünsche und Forderungen für die Region durchsetzen können. Ich denke da auch an unseren Nachbarn Gädheim, den wir gerne noch dazu bekommen würden und an ein interkommunales Gewerbegebiet zwischen Forst und Gädheim nahe der Auffahrt zum Autobahnzubringer. Vielleicht kann in der großen Gemeinschaft dann auch die eine oder andere Kommune für sich alleine staatliche Förderungen an Land ziehen. Jedenfalls sollte so eine Allianz nicht nur für den Tourismuis da sein. Es ist illusorisch einen Urlauber anstelle ins Allgäu eine Woche zu uns ins Schweinfurter OberLand zu holen.

Nach 18 Jahren mit einer CSU-Spitze im Rathaus: Wird der Bürger merken, dass mit Stefan Rottmann nun roter SPD-Wind weht?
Hartmann: Parteipolitisch wird er es nicht merken. Ich gehe nicht davon aus, dass hier künftig eine Parteifahne weht. Bei mir war das ja auch nicht der Fall. Ich bin in den Jahren oftmals Bürgern begegnet, die wussten gar nicht, auf welcher Parteiseite ich stehe. So mancher fragte ganz überrascht: „Was, Du bist bei der CSU?“



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