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„Mehr Cash für Jonny“: Zwischen 3000 und 5000 Arbeiter demonstrierten auf der Maininsel für höhere Löhne, weniger Leiharbeit und eine sichere Zukunft der Azubis

Keiler Helles

Schweinfurt – Auf der Schweinfurter Maininsel oder drumherum einen Parkplatz zu bekommen, das ist ohnehin oft schwierig. Erst recht dann, wenn an der Stirnseite des Konferenzzentrums die dafür vorgesehenen Plätze gesperrt sind und dort einige tausend Arbeiter einer Kundgebung lauschen. 3000 bis 5000 Menschen dürften es gewesen sein, die Menge war nur schwer zu schätzen, die am Donnerstagmittag eine Stunde lang dem Ruf der IG Metall folgten und mit einer Protestaktion ihren Forderungen Nachdruck verliehen. Die letzte Verhandlungsrunde der laufenden Tarifrunde fand parallel im Schweinfurter Tagungszentrum statt. Die Massen vor der Türen waren dabei weder zu überhören noch zu übersehen.

Optisch sorgte ein lang gezogenes Banner am Geländer der Maxbrücke für Aufsehen.6,5 Prozent mehr Lohn, die unbefristete Übernahme der Azubis und mehr Mitbestimmung bei der Leiharbeit, lauteten die Forderungen. Ein aufgebautes, kleines Zeltlager sollte symbolisieren, was auf den zusätzlichen Plakaten stand: „Ich will für meine Zukunft … einen festen Platz!“, schrieben die Auszubildenden auf. Andere Plakate sprachen sich für „Mehr Cash für Jonny“ aus und drückten Befürchtungen oder Wut aus. „Ich bin so sauer – ich hab sogar ein Schild gemalt“, lautete die Demo-Botschaft eines jungen Mannes. Oder der launige Spruch von lokalen Mitarbeitern von ZF: „Die Unternehmen und Großaktionäre schwimmen im Geld – lasst sie nicht absaufen!“ Soll wohl heißen: Dringend Wasser abschöpfen!

„Es ist Zeit für ein gesundes Pfund auf die Lohntüte“, sagt Udo Beck. „Bei uns kleinen Leuten werden die Abgaben immer mehr, nur wir müssen bluten. Die Lebenshaltungskosten steigen. Da ist es an der Zeit, dass wir einen Ausgleich bekommen für die Krise, in der wir geblutet haben. Schwer bezahlt mit Lohnverzicht“ habe man da, weiß der 49 Jahre alte Kützberger, der bei SKF in Schweinfurt arbeitet. „Die Unternehmen haben aber vor der Krise Gewinne ohne Ende gemacht und selbst in den Zeiten der Krise Geld verdient.“ Beck will ein Signal senden an alle Familien und auch an die anderen Bürger, die nichts mit der Metaller-Branche zu tun haben. „Weil wir auch mehr Geld ausgeben können, wenn wir mehr verdienen. Und davon profitieren dann ja auch andere.“

Udo Schnabel arbeitet bei ZF in der Blechumformung. Um die 500 Kollegen glaubt er um sich zu haben, „obwohl es doch gut läuft bei Sachs“, verwendet der 45-Jährige noch immer den ursprünglichen Namen seines Unternehmens. Sonderzahlungen gab es für die Leute, die über Ostern an den Feiertagen im Schichtbetrieb gearbeitet haben. ZF übernahm unlängst erst zahlreiche Mitarbeiter mit zuvor unbefristeten Arbeitsverträgen. Der Gochsheimer hat davon gehört, dass BMW und Audi schon anfragten, damit ZF weitere Produktionslinien aufbaut für die Erzeugung wichtiger Komponenten für die Automatikgetriebe. Es scheint dem Unternehmen also gut zu gehen, vermutet Schnabel. „Und deshalb ist das mit der Forderung nach mehr Geld auch gerechtfertigt.“ Parallel würden Mitarbeiter schon geschult werden für eventuelle Streikmaßnahmen.

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„Wir sind auch bereit zu streiken“, versichert Frank Veth. Der 38-Jährige aus Wittershausen im Landkreis Bad Kissingen ist bei ZF im Bereich der Kupplungen tätig und zudem Betriebsrat. „Die Aufstragsbücher sind voll, es wird gut verdient. Also sollte das Unternehmen den Kollegen auch etwas abgeben.“ Auch die anderen beiden Bereiche sind Veth sehr wichtig. „Wir haben in Deutschland eine Million Leiharbeiter und somit ein zweites Lohnniveau. Wie sollen solche Leute eine Familie gründen?“ Der 38-Jährige setzt sich zudem für die Auszubildenden ein. „Denn einerseits jammern die Unternehmen über den Mangel an Fachbarbeitern. Und andererseits wollen sie die Azubis nicht unbefristet übernehmen.“ Bei ZF könne man, so seine Vermutung, das Vierfache an Mitarbeitern bei weiteren Aktionen herausholen. „Man muss ja noch Steigerungsmöglichkeiten haben“, sagt er.

Die Kundgebung am Donnerstag war ja noch kein Warnstreik. Erst am 28. April endet die Friedenspflicht. nach dem ersten Mai, vermutet der DGB-Regionsvorsitzende Frank Firsching, könne es zu weiteren Aktionen kommen. Diesmal mussten die Arbeiter ausstechen, in ihrer Freizeit erscheinen oder Urlaub nehmen. „Ich vertraue auf die IG Metall“, hofft Firsching aber auf eine schnelle Einigung. „Wesentlich mehr als drei Prozent mehr Lohn sind erreichbar, dazu eine unbefristete Übernahme und eine Einschränkung der Leiharbeit. Jeder Streiktag kostet den Unternehmen bares Geld“, weiß Firsching, der gewohnt markige Worte fand. „Lohnfragen sind Machtfragen und keine Gerechtigkeitsfragen. Es ist aber höchste Zeit, mal wieder einen kräftigen Schluck aus der Lohnpulle zu nehmen.“ Sprach´s und beednete als letzter Redner die nicht mal einstündige Kundgebung. Immerhin hatten weit gereiste Arbeiter aus dem Allgäu oder aus Passau noch weite Heimfahrten vor sich. Und die Busse standen mangels fehlender Parkmöglichkeiten auf der Maininsel irgendwo in den Wehranlagen oder im Stadtgebiet…



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