NA OHNE Kategoriezuordnung

Nach der „Mauer-Demo“ vor dem alten Krankenhaus bleibt Marc-Dominic Boberg seiner Linie treu: „Bevor ich zahlen muss, gehe ich zur Not ins Gefängnis!“

Ferienwohnung Ferienhaus

Schweinfurt – Im Herbst 2011 war alles noch anders. In der Nacht zum 1. November sorgte der Schweinfurter Grünen-Stadtrat Marc-Dominic Boberg mit der Beschriftung der Mauer vor dem damals kurz vor dem Abriss stehenden alten städtischen Krankenhaus für Aufsehen. In einer Nacht und Nebel-Aktion veranstaltete er eine „Mauer-Demo“, die weit über die Region hinaus Schlagzeilen produzierte. „Schande + Schuld + Blamage. Oberbürgermeister + Stadtrat + Verwaltung haben versagt. Macht + Gier gegen Baukultur“ sprühte Boberg, Passend zum Reformationstag drückten seine „Thesen“ den Protest aus, weil all seine Versuche gescheitert waren, das alte Bauwerk zu erhalten. Nicht die Mauer, sondern das 1930 erbaute Krankenhaus. Das Gebäude machte mittlerweile Platz für weitere Bauabschnitte des Gesundheitsparks. Mit seinen Initialen „MDB“ bekannte sich Boberg zur Tat, stand auch mit Sprühdose bereit für ein Foto, als der lokale Rdeakteur der örtlichen Zeitung im Verlauf des 1. Novembers darum bat. Genau das bereut der 43-Jährige mittlerweile. Nicht jedoch seine Aktion, die ihn nun sogar ins Gefängnis bringen könnte.

Einiges stinkt Boberg inzwischen. Dass ihm genau die Zeitung in Folgeberichten eine Selbstínszenierung vorwarf, auf deren Bitten er sich erst vor die Kamera stellte. Dass all seine Kritiker zu Wort kamen und anders politisch denkende Schweinfurter eine Anzeige forderten. Zu der kam´s letztlich auch, obwohl Boberg sich ganz bald schon nach Bekanntwerden der Polizei stellte und auch das Gespräch suchte mit der Schweinfurter Wohnbau-Gesellschaft (SWG), die für den Bau des Gesundheitsparks zuständig ist und die Anzeige erstattete wegen Sachbeschädigung. Obwohl der Sachverständige der Polizei versicherte, dass es sich bei der Botschaft keinesfalls um Grafitti handelte. Dabei entfernte der überzeugte Grüne und Aktivist Boberg seine Botschaft längst wieder. „Ich habe mich drei Nächte lang hingestellt und mit der Drahtbürste jeden Buchstaben herausgekratzt.“ Und dann überpinselte er die Mauer auch noch, die für ihn „keinen architektonisch historischen Wert“ hat und von der er dachte: „Die ist eh in 14 Tagen weggerissen!“ Nun steht sie noch immer, könnte vielleicht sogar erhalten bleiben.

Was Boberg am allermeisten ärgert: Weil er als freier Handelsvertreter momentan viel unterwegs ist, informierte ihn ein Bekannter telefonisch von der jüngsten Entwicklung. Das Schreiben der Staatsanwaltschaft lag erst später in seinem Postkasten. Doch eher schon wurde die örtliche Tageszeitung informiert und berichtete. Von einem „Gnadenakt“ seitens der Ankläger, die Boberg eine Einstellung des Verfahrens anbieten, wenn er bereit ist, 700 Euro an die Schweinfurter Tafel zu zahlen. „Damit ist jede Verhältnismäßigkeit aufgelöst. Das ist überzogen und nicht annehmbar“, beschwert sich Boberg. „Ich bin politischer Aktivist, habe das aus Überzeugung gemacht. Aber ich habe doch nicht mit diesen Folgen gerechnet.“

Kriminalisiert habe seine Kampagne erst die Resonanz aus den anderen politischen Lagern. Vor allem der Reaktion der Jungen Union konnte Boberg gar nichts abgewinnen, die ihm „ein erkranktes Demokratieverständnis“ vorwarfen. In Erinnerung an den Bürgerentscheid, bei dem die Mehrheit der Schweinfurter, rund 55 zu 45 Prozent, sich für den Abriss des alten Krankenhauses aussprachen. Freilich war das rechtlich nicht bindend, zumal das so genannte Quorum auch bei der Gegenseite nicht erreicht wurde. Bobergs Versuche jedenfalls, das Gebäude irgendwie noch zu retten, scheiterten. Auch wenn letztlich sogar die  „Deutsche Bauzeitung“ einen Kommentar abdruckte und ebenso die „Süddeutsche Zeitung“, die angesichts des von Fachleuten hoch gelobten Gebäudes feststellte: „Das Ansehen der Stadt Schweinfurt im Bereich der Kultur hat stark gelitten!“ Und die sich lustig machte über die : „Sachbeschädigung an einer übrig gebliebenen Mauer vor einem Trümmerfeld!“

Hotel
Gaspreis
Muster

„Ich habe meine Mauer-Demo unterschrieben um zu zeigen, dass ich dazu stehe“, sagt Boberg und verweist auf viele positive Resonanz auf die Aktion. Im Internet war davon zu lesen, die positiven Kommentare aber erwähnte die lokale Zeitung in ihrer Printausgabe nicht. Dort kamen an sich nur die negativen Stimmen zu Wort. „Im Hintergrund wurde ein Kulturgut diletantisch und mutwillig zerstört“, mag Boberg die Aufmerksamkeit lieber auf das richten, um was es ihm eigentlich geht. Wobei er betont, dass andere Protestierende „sich vermummen und Steine mitbringen“, er aber eine doch recht intelligente Variante wählte, die zum Nachdenken anregen sollte. „Und wegen so einer Sache, von der ich sage, dass sie richtig war, zahle ich diesen Betrag nicht.“ Eher würde er die Strafe absitzen…

Marc-Dominic Bobergs Idee, mit 20 Tagen ehrenamtlicher Arbeit bei der Schweinfurter Tafel ( „dazu wäre ich bereit!“) seine Bereitschaft zu zeigen, dass er sich mit seiner Maueraktion zumindest grenzwertig weit aus dem Fenster lehnte, beschied sein Rechtsanwalt bereits negativ. Die Staatsanwaltschaft würde diesen Kompromis nicht eingehen. Doch bis zum 24. Februar muss Boberg sich entschieden haben: 700 Euro für eine Einstellung oder ein Strafverfahren, womöglich mit Urteil. „Ich zahle nicht“, kündigt er jetzt schon an, „denn wenn ich für so eine Aktion vorbestraft sein werde, dann wäre das doch total daneben und lächerlich. Und dann müssten sich Staatsanwaltschaft und Richter fragen, ob das wirklich eine Aktion ist, für die jemand in den Bau geht.“ Nicht zu zahlen wäre nur konsequent, sagt Boberg, der auch einen Freispruch für möglich hält. Wenn nicht, „dann wäre es weniger unehrenwert, wenn ich in den Bau gehe.“



Powered by 2fly4 Entertainment
Alle Angaben ohne Gewähr!
Fotos sind ggf. beispielhafte Symbolbilder!
Kommentare von Lesern stellen keinesfalls die Meinung der Redaktion dar!

Schreibe einen Kommentar

Pixel ALLE Seiten