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Neues vom einstigen „Retter des FC Schweinfurt 05″: Im Landgericht läuft aktuell wieder die Show des Michael R.

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SCHWEINFURT – Der Fall Gustl Mollath zeigte, dass man in Deutschland auch dann einen Menschen in der Psychiatrie über Jahre wegsperren kann, wenn über dessen Geisteszustand kein abschließendes Urteil vorliegt oder ein zumindest fragliches. Im Umkehrschluss bedeutet das aber noch lange nicht, dass die Zurechnungsfähigkeit eines Menschen wirklich geprüft wird, auch wenn erhebliche Zweifel daran bestehen. Ein seit Jahren in den Schweinfurter Gerichten dauerhaft angeklagter Mann lässt diesbezüglich Zweifel am Rechtssystem Deutschlands  aufkommen.

Um was es geht? Der einstige „Retter des FC Schweinfurt 05″ liefert immer wieder nette Schlagzeilen. Der heute 44-jährige Michael R. sorgte vor nicht ganz zehn Jahren erstmals für Aufsehen, als er sich bei den damals kurz vor der Insolvenz stehenden Schnüdeln meldete und von Kontakten zu Geschäftsleuten sprach, die angeblich bis zu zwei Millionen Euro in den Traditionsverein FC 05 investieren wollten. Die Übergabe der ersten 100.000 Euro in einem Geldkoffer scheiterte damals, weil Michael R. angeblich überfallen wurde. Das Ganze entpuppte sich als Räuberpistole, weshalb er, damals schon zehnfach vorbestraft und hoch verschuldet, zu drei Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wurde.

Scheinbar ist all das, was in den letzten rund zehn Jahren passierte, der aktuellen Gerichtsbesetzung so nicht bekannt. Jedenfalls verwundert es, dass R. derzeit wieder vor der 2. Kleinen Strafkammer des Landgerichtes Schweinfurt steht. Zu mehreren Terminen wird er aus der Haftanstalt vorgeführt. Richter, Schöffen, Polizeibeamte, Verteidiger – das alles kostet dem Staat Unsummen von Geld. Dabei geht es augenblicklich doch nur darum zu klären, was ohnehin eigentlich offensichtlich sein dürfte: Ob Michael R., inzwischen verheiratet mit einer etwas älteren, hageren Frau, vermögend ist oder nicht.

Im aktuellen Fall erwarb er im Sommer 2012 eine Eigentumswohnung am Fischerrain in Schweinfurt, ließ sie von Handwerkern renovieren. Es geht um rund 155.000 Euro an angelaufenen Kosten. Natürlich hat R. nie etwas davon bezahlt. Wieso er beim Notar überhaupt einen Vertrag unterzeichnen durfte? Alles bislang ungeprüft! Vom Strafrichter des Amtsgerichtes Schweinfurt wurde er im August 2013 für diesen Betrug zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt. Gegen das Urteil haben die Staatsanwaltschaft und R. über seinen Verteidiger, den Würzburger Rechtsanwalt Klaus W. Spiegel, Einspruch eingelegt. Seit Ende Dezember läuft nun deshalb im Landgericht die Berufungsverhandlung.

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Termin zwei stand am Dienstag ganz im Zeichen von eigentlich nichts. Eine Gerichtsvollzieherin war die einzige Zeugin. Sie besuchte R. im Dezember 2012 und im Januar 2013 zwei Mal vergeblich, erreichte ihn dann im Februar am Fischerrain zur Zwangsvollstreckung, Pfändung und Einleitung der eidesstattlichen Versicherung. R. aber ließ sie nicht in die Wohnung, zeigte ihr im Treppenhaus einen Personalausweis und eine Meldebescheinigung, wonach sein Wohnsitz gar nicht Schweinfurt sei, sondern London. Und ab März 2013 würde er dann in der Schweiz leben. Zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten konnte sie aber keine Auskünfte geben.

Frühere Fälle vor Gericht lassen vermuten, dass der 44-Jährige wohl eher nicht sonderlich reich zu sein scheint, sondern ziemlich mittellos. Im März 2010 beispielsweise kam zu diversen Betrugsfällen nochmal einer dazu, weil er in einer Steuerkanzlei ein paar hundert Euro nicht zahlen konnte. Schon damals hatte er 13 Einträge im Bundeszentralregister. Vorstrafen also. Weil er dem Gericht mal erzählte, dass er Schwarzgeld in der Schweiz gebunkert habe, aber gerade eben nicht an das Geld heran komme. Weil er Räume für seine Firma mietete, Mitarbeiter einstellte, niemanden davon aber je bezahlte – und selbstredend auch die Miete nicht. Weil er immer wieder von Auftraggebern erzählte, für die er arbeiten und Internetseiten erstellen könne, was aber irgendwie immer nie machbar war, weil er zu den Gerichtsterminen oft aus der Haft vorgeführt wurde. Manchmal gab er auch zu, dass er auf die finanzielle Unterstützung seiner Mutter angewiesen sei.

Das waren dann eher die lichten Momente. Die schrägen sorgten immer wieder für Schlagzeilen und ein mediales Echo. Mit einer Softair-Waffe wurde er mal erwischt, beim Klauen in einem Kaufhaus ebenso. Damals entwendete er eine Schachtel Zigaretten und tischte dem Gericht die Version auf, dass er vom Licht des Einkaufsmarktes geblendet wurde und daher an der Kasse vorbeilief. Mit Kunstschätzen aus Russland handelte er, angeblich. Legendär ist seine Geschichte vom Gemälde „Tumult im Hühnerstall“, mit dem er angeblich Millionen verdiente, exakt 2,4 Millionen Euro, die aber auf dem Konto in der Schweiz steckten. Und da kam er nicht ran. Zu einem Termin vor Gericht erschien er einst mal nicht und meldete sich per Handy aus der Schweiz ab wegen Migräne. Einen Führerschein scheint er nie besessen zu haben, dennoch erzählte er einem Richter mal von einem bereits ausgesuchten Cadillac als Firmenwagen. Damals bestellte er bereits die Winterreifen mit – für die vielen Fahrten in die so oft winterliche Schweiz….

Für eine derart hohe Gag-Dichte müssten Produzenten von Comedyshows wohl mehrere Schreiber parallel engagieren. Das Rechtssystem in Deutschland lässt aber zu, dass mit solchen Märchen Steuergelder verschwendet werden. Am 17. Januar und 31. Januar, jeweils Freitag ab 8.30 Uhr, geht die öffentliche Show im Schweinfurter Landgericht weiter. Noch ein Gerichtsvollzieher kommt, mal wieder ein Polizeibeamter, der eine oder andere Zeuge dazu, wohl auch von Kreditinstituten, um die Kontostände von Michael R. endlich mal zu klären. Zu den Vermögensverhältnissen seines Mandanten machte der Verteidiger auch diesmal wieder keine Aussagen, dementierte aber, dass R. irgendwann mal, so wie im Raum steht, geäußert haben soll, er könne irgendwelche Rechnungen nicht zahlen oder Forderungen begleichen. Der Angeklagte selbst, gut gekleidet wie ein Geschäftsmann, sagte wieder gar nichts. Schade für die Medien, die all seine Räuberpistolen so gerne aufsaugen würden.

Je länger der Prozess dauert, desto mehr verdient der Rechtsanwalt, desto mehr Steuergeld wird vergeudet. Bis heute kam noch niemand auf die Idee, den Geisteszustand des Dauerangeklagten Michael R. untersuchen zu lassen. Einige der Zuhörer dieses Prozesstages stellten am Ende womöglich nicht grundlos fest: „Der gehört nicht ins Gefängnis, der gehört in die Anstalt!“ Dorthin also, wo über lange Jahre ein überschnell als verrückt erklärter Gustl Mollath saß.



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