Vetternwirtschaft im Rathaus, Klimaschutz als Lippenbekenntnis? Ein Parkhaus Gartenstraße ohne Vorgarten und Photovoltaik-Anlage?

SCHWEINFURT – Das geplante Parkhaus in der Gartenstraße zwei neben dem mächtigen Gebäude der Mälzerei zwischen Oberen Marienbach und Mainberger Straße sorgt nun unerwartet nochmals für Furore. Das Bauvorhaben landet am Donnerstag im Bau- und Umweltausschuss der Stadt – und soll dort öffentlich genehmigt werden. Allerdings: Ohne jede Änderung zum kritisierten ersten Antrag.
Die Gesellschaft für Vermögens- und Grundstücksverwaltung Schweinfurt mbH, deren Geschäftsführer der CSU-Stadtrat Matthias Ritzmann ist, möchte auf dem Areal ein Parkhaus mit acht Ebenen, 242 Parkplätzen und 19 Außenstellplätzen errichten. Diese sollen ausschließlich an Dauerparker vermietet werden. Dafür muss die städtische Begrünungssatzung aufgehoben werden, da dort neben einer Dachbegrünung auch die Begrünung des Vorgartens gefordert ist – dort sollen stattdessen nun eben die 19 Außenparkplätze entstehen.
Die Mitglieder des Bau- und Umweltausschusses haben sich der Beschlussvorlage des Referats III von Jan von Lackum beim ersten Mal nicht angeschlossen, sondern eine Vertagung des Antrags beschlossen, verbunden mit der Aufforderung an die Stadt, sich mit dem Bauträger in Verbindung zu setzen und nachzuverhandeln, damit mindestens eine Photovoltaik-Anlage errichtet und die Fassade begrünt wird.
Nach nur einem Monat ist der Antrag auf Errichtung eines Parkhauses nun erneut im Bau- und Umweltausschuss, da die GmbH dem Anliegen der Stadträte zwischenzeitlich ein entschiedenes Nein entgegen gesetzt hat – mit dem Hauptargument, die Vorgaben stünden im Widerspruch zu den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit. Und wie reagiert die Verwaltungsspitze? Sie erneuert den Beschlussvorschlag, dem Bauantrag des mutmaßlichen Parteifreunds vollumfänglich zuzustimmen.
„Es ist erschreckend, in welchem Ausmaß der Umwelt- und Klimaschutz von den Verantwortlichen der Stadt als reine Lippenbekenntnisse vor sich hergetragen werden. Auf Worte folgen wenig bis gar keine Taten oder sogar Rückschritte. Jetzt will man die Begrünungssatzung der Stadt Schweinfurt aushebeln, um einem Parteifreund entgegen zu kommen, der seit vielen Jahren im Stadtrat sitzt und es eigentlich besser wissen müsste“, klagt Stadträtin Dr. Ulrike Schneider (Zukunft./ÖDP), die mit den sich die drei Agenda 2030-Sprechern der Stadt Schweinfurt und dem Vorsitzendes des BUND Naturschutz am Ort des geplanten Bauvorhabens die Medien begrüßte.
Unten geht´s weiter…
Die beeindruckendsten Zahlen hatte Manfred Röder parat – im Ärger, dass nicht zu 100 Prozent vorausplanend Elektrofahrzeuge aufgeladen werden können, sondern nur für fünf im Außenbereich Ladestationen vorgesehen sind. Im Innenbereich soll ein flexibles Schiebesystem zum Laden von Elektrofahrzeugen realisiert werden. PV-Anlagen wird es nicht geben. Dabei hat Röder errechnet, dass bei rund 1000 nutzbaren Quadratmetern plus 200 qm an der hinteren Wand 230.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugt werden könnten. Ausreichend für 57 Vier-Personen-Haushalte oder 77 Elektro-Pkws. Ein E-Auto könnte mit dem erzeugten Strom 1,15 Millionen Kilometer fahren oder 28 Mal die Erde umrunden – jedes Jahr. Wenn die Stadt bis 2035 für ihre 53.000 Bürger klimaneutral sein will, „dann muss man da jetzt rangehen!“.
Roland Merz erinnerte an die am 12.04.21 beschlossene Begrünungssatzung, die nicht in Gewerbe- und Industriegebieten gelte – weshalb die Stadt das Areal gleich neben den Villen nun als solches bezeichnet, „nur weil sich gegenüber eine Firma befindet“. OB Sebastian Remelé habe dafür sogar die Norma und die ESSO-Tankstelle Am Oberen Marienbach angeführt. „Es ist im besten Fall ein Mischgebiet“, sagt Richard Lindner, der weiß, dass auch die Bäume am hinteren Rand und die vorne an der Schranke am bisherigen ebenen Freiluft-Parkplatz weg gesägt werden müssen. In der aktuellen Beschlussvorlage für die Stadträte ist dennoch zu lesen, es würde durch die Baumaßnahme keine Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel geben…
Edo Günther wurde auch in anderer Hinsicht deutlich: „Wir brauchen eigentlich Wohnraum und bauen für die Scheiß-Autos Parkhäuser für SUV´s. Die Kommunen lernen nichts. Wir werden die 1,5 Grad Klimaerwärmung die nächsten Jahre überschreiten. Das aber zählt bei der Realisierung von Maßnahmen nichts. DAS sind unsere Grundprobleme. Alle kneifen den Arsch ein und die Meisten bei der Stadt sind nur Schaumschläger.“
Ulrike Schneider meint angesichts aus ihrer Sicht „weiterer unverständliche und wenig umweltfreundliche Beschlussvorlagen des Umweltreferenten von Lackum, mit beispielsweise neun wegfallenden Bäumen bei einem Neubau der Sparkasse, von denen nur zwei ersetzt werden müssen, dem umstrittenen Neubau des Verbindungshaus der Moeno Ripuria mit verkauftem wertvoller Grund an der alten Stadtmauer ohne Ersatz des wegfallenden Baumbestandes: „Wie der Umweltreferent Jan von Lackum noch den Nerv haben kann, sich mit diesem Titel zu schmücken, bleibt sein Geheimnis. Ein Weiter so darf es aber nicht mehr länger geben!“
Sollte der Antrag am Donnerstag im Bau- und Umweltausschuss durchgewunken werden, kündigte Schneider für den Fall eine große Demonstration an. Den Bauherren Matthias Ritzmann nannte sie „einen verantwortungsunbewussten Bürger“ und die Vorgänge im Rathaus „Vetternwirtschaft“.
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