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Vor zehn Jahren am 1. Mai: Als die Nazis durch Schweinfurt marschierten, die Stadt aber bunt blieb – MIT VIELEN FOTOS & VIDEOS!

SCHWEINFURT – Am 1. Mai 2010, also vor genau zehn Jahren, hatte Sebastian Remelé seinen ersten Arbeitstag überhaupt als neuer Oberbürgermeister. Und der brachte gleich mal ganz viel Aufregung nach Schweinfurt: Die Nazis demonstrierten – doch Schweinfurt blieb mit klarer Überlegenheit bunt.

Damals berichteten www.swex.de als eines der ersten Schweinfurter Online-Magazine über das Großereignis. SW1.News erinnert daran und zeigt auch zwei Videos von Sandra Bernadett Grätsch von sw-n-tv.

So wurde damals berichtet:

Fast 10.000 bewiesen: „Schweinfurt ist bunt“ – danach zogen rund 850 Anhänger rechtsextremistischer Gruppierungen auf

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Schweinfurt – Es war ein Tag, wie ihn Schweinfurt wohl noch nie erlebt hatte. Zwei Demonstrationszüge, einer am Vor-, der andere am Nachmittag, setzten sich in Bewegung und erzeugten jeweils Gänsehaut. Zunächst „Schweinfurt ist bunt“ deshalb, weil es wohl bis zu 10.000 Menschen waren, die ihre Antipathie gegenüber dem ausdrückten, was dann am Samstanachmittag stattfand: Rund 850 Anhänger rechtsextremistischer Gruppierungen setzten sich vom Bahnhofsvorplatz bis zum Schuttberg in Bewegung. Auch da lief es den Beobachtern eiskalt den Rücken hinunter….

„Nazis raus“ riefen immer wieder die Menschen, die den Zug von ihren Fenstern aus beobachteten. An den Straßenrändern stand so gut wie niemand. Die Polizei, die mit Beamten in vierstelliger Zahl den Samstag über in Schweinfurt weilten, hatten sämtliche Straßenzüge abgesperrt und die „Braunen“ somit isoliert. Mehrfach versuchten zwar geschätzte Linksautonome, die Absperrungen zu durchbrechen. Doch die Maßnahmen der Polizei hielten dem weitestgehend stand. In der Kornacherstraße wurden 200 Linksautonome allerdings kurzfristig festgesetzt, nachdem sie Flaschen gegen die Einsätzkräfte geworfen hatten. Hierbei wurde niemand verletzt. Insgesamt wurden acht Beamte erlitten bei dem Einsatz in Schweinfurt leichte Verletzungen. Sie sind jedoch weiterhin dienstfähig. Drei Polizisten trugen leichte Verletzungen davon, als in der Theresienstraße Flaschen flogen. In der Luitpoldstraße/Ecke Schrammstraße erlitten drei Beamte ein Knalltrauma durch Feuerwerkskörper. In der Wohlfahrtsstraße wurde ein Polizist bei einer Widerstandshandlung eines Linksautonomen in den Finger gebissen. Ein Beamter wurde in der Kornacherstraße bespuckt und am Schienbein verletzt.

Der Aufzug der „Freien Kameradschaft Süd“ hatte sich erst um 14.45 Uhr vom Schweinfurter Hauptbahnhof aus in Bewegung gesetzt. Das lag daran, dass an sich 45 „nicht vorbelastete“ Ordner aus den Reihen der Demonstranten notwendig waren, diese aber zunächst nur um die 20 zusammen brachten. „Es scheint schwer zu sein, in diesem Milieu jemanden zu finden, der straffrei ist“, vermutete der neue Oberbürgermeister Sebastian Remelé, der wie Referatsleiter Jürgen Montag und Ordnungsamtschef Frank Reppert ab Mittag am Hauptbahnhof weilte und der zunächst ganz entspannt von einem „läppischen Häufchen“ sprach. Doch dann trudelten doch noch eine ganze Menge Sympathisanten der „Freien Kameradschaft Süd“ ein – um schließlich nach über 100 Minuten Verspätung in Viererketten und mit Schlachtrufen durch die Straßen zu ziehen. Versammlungsleiter und Marsch-Organisator Tony Gentsch hatte zuvor zumindest 38 Personen für den Ordnerdienst gefunden.

Als sie sich dem Schuttberg näherten, ließ die Kirche St. Kilian die Glocken läuten – und übertönte die Parolen. An den Absperrungen sammelten sich Demonstrationsgegner an, die wortstark mit Sprechchören zum Ausdruck brachten , was sie von den Neonazis halten. Die Kundgebung auf dem Parkplatz vor dem Schuttberg blieb, weil völlig abgeriegelt, eine interne Veranstaltung der Neonazis – beobachtet aus der Luft durch einen den ganzen Nachmittag über Schweinfurt kreisenden Hubschrauber, der aus der Luft vor allem Bewegungen der Linksautonomen erkennen wollte. Erneut fliegende Flaschen, Handgreiflichkeiten und abgeschossene Feuerwerkskörper kennzeichneten dann auch den Rückmarsch zum Hauptbahnhof. Größeres blieb aber aus. 43 Personen (acht rechts, 35 links) wurden im Zusammenhang mit den Aufzügen in Schweinfurt vorläufig festgenommen. 43 Verstöße, darunter allein 35 nach dem Versammlungsgesetz, wurden festgestellt. Acht Beamte erlitten leichtere Verletzungen, konnten aber ihren Dienst fortsetzen. So die Schlussbilanz der Polizei. Bei der Kontrolle der Personen stellte die Polizei im Laufe des gesamten Tages 56 Gegenstände sicher, die „teilweise zur Vermummung geeignet waren“ (Polizeibericht); konfisziert wurden aber auch ein Benzinkanister, Radmuttern und ein Schlagring. Bis zum Abend hielten sich noch mehrere hundert Linksextreme im Schweinfurter Stadtgebiet auf, die von einem starken Polizeiaufgebot begleitet wurden.

Und damit zum weitaus fröhlichere Teil des Samstags: Ab 10 Uhr in der Früh setzten sich mehrere tausend Gegendemonstranten von der Wehr aus in Bewegung, um durch ständige Zuströme letztlich mit geschätzten 8000 bis sogar 10.000 Menschen am Zeughaus zu einer friedlichen Kundgebung zu landen, als die Redner immer wieder von lautem Beifall unterbrochen wurden. Auf dem Weg erklangen die lauten Töne der Trillerpfeifen, gerufen wurde weniger, viel mehr aber ließ das Bündnis „Schweinfurt ist bunt“ mit den 80 angeschlossenen Gruppierungen ihre einfallsreichen Transparente wirken. Dabei war mehrfach ganz eindeutig zu lesen, was die „Bunten“ von den „Braunen“ halten. Besonders löblich: Obwohl sich die CSU ja von dem Bündnis distanzierte, lief OB Sebastian Remelé an vorderster Front mit, hielt das Haupttransparent Seite an Seite mit dem Linken Frank Firsching. Ein derartiges parteiüberfreifendes Denken wünscht man sich öfters mal in der Stadtpolitik. Der SPD-Abgeordnete Frank Hofmann, der Grüne Hans-Josef Fell, Europaparlamentarierin Kerstin Westphal und die zwei Schweinfurter Dekanen Reiner Fries (katholisch) und Oliver Bruckmann (evangelisch) liefen ebenfalls vorneweg.

50.000 Flyer hatte das Bündsnis im Vorfeld verteilt und konnte somit letztlich weitaus mehr Menschen mobilisieren als gedacht. Frank Firsching jedenfalls war „sprachlos und überwältigt von dieser gelebten Solidarität. Da läuft es einem warm und kalt den Rücken herunter. Was hier los ist, da bin ich richtig stolz, ein Schweinfurter zu sein“, so der Stadtrat und Hauptorganisator. Firsching hätte „in den kühnsten Träumen nicht mit so einem Erfolg gerechnet, dass der Zeughausplatz sogar zu klein sein wird.“ Dort sprach zu Beginn der KZ- Überlebende und Zeitzeuge Ernst Grube, nach mehreren weiteren Reden feierte der DGB sein traditionelles Fest zum 1. Mai. Zeitgleich rüstete sich im Westen der Stadt ein ganz anderes Klientel für ihr Vorhaben, das wohl als „brauner Spuk von Schweinfurt“ in die lokalen Geschichtsbücher eingehen wird.

Abschlussbericht der Polizei: Starkes Aufgebot garantiert sichere Aufzüge und Kundgebungen

Schweinfurt – Ein starkes Polizeiaufgebot hat am 1. Mai dafür gesorgt, dass in Schweinfurt und Würzburg die angezeigten Aufzüge und Kundgebungen ohne Störungen stattfinden konnten. Dabei ist das von der Unterfränkischen Polizei angewandte Konzept voll aufgegangen. 43 Personen (acht rechts, 35 links) wurden im Zusammenhang mit den Aufzügen in Schweinfurt vorläufig festgenommen. 43 Verstöße, darunter allein 35 nach dem Versammlungsgesetz, wurden festgestellt. Acht Polizeibeamte erlitten leichtere Verletzungen, konnten aber ihren Dienst fortsetzen.

Das im Vorfeld mit den Stadtverwaltungen in Schweinfurt und Würzburg abgestimmte Einsatzkonzept hatte zum Ziel, einen störungsfreien Ablauf der Demonstrationen sicher zu stellen und somit eine ungehinderte Ausübung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu gewährleisten. Hierzu wurden auch schon im Vorfeld hunderte Informationsflyer an Schulen und Haushalte verteilt, um über die polizeilichen Aufgaben und Maßnahmen umfassend zu informieren.

Die von den bürgerlichen Bündnissen durchgeführten Aufzüge und Kundgebungen hatten – wie bereits berichtet – in beiden Städten sehr großen Zulauf. Der in Würzburg angezeigte Aufzug der Rechten fand nicht statt. In Schweinfurt hatten sich 850 Personen aus der rechten Szene gruppiert, deren Aufzug dank der starken Polizeipräsenz letztendlich störungsfrei durchgeführt werden konnte, obwohl sich entlang der Aufzugsstrecke über 700 zumeist Linksautonome postiert hatten.
Als besonders erfolgreich erwies sich das Konzept der Unterfränkischen Polizei, den Aufzugsweg durch starke Begleitkräfte und Sperrgittermaßnahmen zu schützen. Damit wurde verhindert, dass Linksautonome trotz ständiger Versuche den direkten Kontakt zum Aufzug der Rechten bekamen. Bereits bei intensiven Vorkontrollen konnte ein Großteil der Demonstrationsteilnehmer überprüft werden. Dabei wurden nicht nur zahlreiche Gegenstände sichergestellt, die zur Vermummung dienen sollten, sondern auch gefährliche wie Benzinkanister, Radmuttern und ein Schlagring. Auch die Bundespolizei hat erfolgreich dazu beitragen, indem sie bei intensiven Zugkontrollen über 1.000 Personen kontrollierte. Dabei fielen den Bundesbeamten ebenfalls gefährliche Gegenstände in die Hände.

Als positiv zeigte sich auch der erstmals bei der Unterfränkischen Polizei praktizierte Einsatz von speziell geschulten Kommunikationsbeamten. Diese waren mit fünf Teams während der Aufzüge in ständigem Kontakt mit den Bürgern und konnten dabei in vielen Gesprächen Tipps für ein friedliches Verhalten der Demonstrationsteilnehmer geben und auch auf die schwierige Rolle der Polizei bei solchen Einsätzen hinweisen. Gut angenommen wurde auch das Infotelefon der Polizei, bei dem sich am 1. Mai annähernd 200 Gesprächsteilnehmer über die aktuelle Lage informierten und erfolgreich beraten werden konnten.

Für das Polizeipräsidium Unterfranken war dies der größte Einsatz in der zurückliegenden Zeit. Hierbei wurde die Unterfränkische Polizei von starken Kräften der Bayerischen Bereitschaftspolizei, der Hessischen Bereitschaftspolizei sowie der Bundespolizei unterstützt.

Insgesamt zieht die Unterfränkische Polizei somit hinsichtlich des 1. Mai eine positive Bilanz, was letztendlich wohl auch darauf zurückzuführen ist, dass die von den Sicherheitsbehörden Würzburg und Schweinfurt ergangenen Beschränkungen griffen und die intensiven Vorbereitungsmaßnahmen eng und vertrauensvoll abgestimmt wurden.

Das Polizeipräsidium Unterfranken bedankt sich ausdrücklich bei den Einwohnern von Schweinfurt und Würzburg, die für die Beeinträchtigungen während der Aufzüge überwiegend großes Verständnis aufgebracht und von ihrem Recht der Demonstration friedlich Gebrauch gemacht haben.

Zwischenzeitlich wurde so berichtet:
Vorläufige Festnahmebilanz

SCHWEINFURT – Im Laufe des Tages wurden im Zusammenhang mit den Aufzügen und Kundgebungen in Schweinfurt 34 Personen, darunter sieben aus dem rechten und 27 aus dem linken Spektrum, vorläufig festgenommen. 16 von ihnen (15 links, einer rechts) wurden zwischenzeitlich wieder entlassen. Eine Person wurde wegen eines bestehenden Haftbefehls in die JVA Schweinfurt eingeliefert.

Im Stadtgebiet Schweinfurt halten sich noch etwa 700 Linksorientierte auf, die auch weiterhin von einem starken Polizeiaufgebot begleitet werden.

Mitte April hieß es noch, die Stadt würde den Aufmarsch verbieten können:
Massive Gefährdung der öffentlichen Sicherheit: Die Stadt Schweinfurt verbietet die rechtsextreme Demonstration am 1. Mai

Schweinfurt – Die Stadt Schweinfurt hat den geplanten Aufzug des nationalen und sozialen Aktionsbündnisses am 01. Mai in Schweinfurt verboten.

Hauptgrund für das Verbot ist eine massive Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bei Durchführung der Veranstaltung. Dies stützt sich u. a. auf Erkenntnisse bezüglich des Veranstalters und sein Auftreten bei vorangegangenen Veranstaltungen, auf das allgemein von der Veranstaltung ausgehende Gefährdungspotential und die damit einhergehende Mobilisierung militanter Gegner, die Vielzahl von Veranstaltungen an diesem Tag in Schweinfurt sowie die gewählte Streckenführung und die damit einhergehende Gefährdung von relevanten Liegenschaften. Insbesondere wird auch die nationalsozialistische Symbolkraft des 01. Mai und die Aktionen von Hitler gegenüber den Gewerkschaften als Verbotsgrund mit angeführt.

Der Schweinfurter Stadtrat hat in seiner Sitzung am 23.03.2010 beschlossen, alle rechtlich zulässigen Maßnahmen bis hin zu gerichtlichen Schritten zu ergreifen, um den geplanten Demonstrationszug zu unterbinden.

Und hier erst zwei Videos und dann ganz viele Fotos von damals:

 

 

 

 

 



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