War´s das mit dem Silvesterfeuerwerk rund um´s Rathaus? Und gibt´s 2021 auf dem Schweinfurter Marktplatz erstmals eine Lasershow?
SCHWEINFURT – Der Stadtrat befasste sich am 17.12.2019 mit einem Antrag von Frau Dr. Ulrike Schneider vom 11.11.2019, ein kommunales Böllerverbot, zumindest für die Innenstadt, zu erlassen. Begründet wurde der Antrag seinerzeit damit, gesundheitsschädliche Feinstaubbelastung zu verhüten bzw. zu vermindern.
Die Verwaltung empfahl damals die Ablehnung des Antrags. Begründet wurde dies insbesondere damit, dass die Tatbestandsvoraussetzungen zweier möglicher Befugnisnormen für ein entsprechendes Verbot nicht vorlägen. Der Stadtrat erließ am 17.12.2019 für den Jahreswechsel 2019/2020 kein entsprechendes Verbot, vertagte eine grundsätzliche Entscheidung jedoch in das Jahr 2020.
In der Beschlussvorlage führte die Verwaltung damals aus, dass die Kommune nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 Erste Sprengstoffverordnung anordnen könne, dass pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F2 (handelsübliches Silvesterfeuerwerk fällt unter diese Kategorie) in der Nähe von Gebäuden oder Anlagen, die besonders brandempfindlich sind, auch am 31. Dezember und am 1. Januar nicht abgebrannt werden dürften. Die Verwaltung kam damals zu dem Ergebnis, dass diese Voraussetzungen, insbesondere die besondere Brandempfindlichkeit, aufgrund der vorhandenen Bausubstanz in Schweinfurt nicht vorlägen.
In der Silvesternacht 2019/2020 kam es am Rathaus jedoch zu einem Schadensfall. Ein Feuerwerkskörper durchschlug in Richtung Brückenstraße die Doppelverglasung komplett. An einem weiteren Fensterflügel wurde zumindest die äußere Fensterscheibe durchschlagen. Im Stuhllager des 2. Obergeschosses wurden durch den Hausmeister am Neujahrsmorgen verkohlte Reste eines Feuerwerkskörpers sowie Brandlöcher an dem vor dem Fenster angebrachten Vorhang festgestellt.
Aufgrund der Tatsache, dass die vorhandene Doppelverglasung dem Feuerwerkskörper nicht standhielt, hätte es zu einem nicht unerheblichen Brandschaden am historischen Rathaus kommen können. Die Verwaltung hält aufgrund dessen an ihrer Rechtsauffassung, wonach eine besondere Brandempfindlichkeit nicht vorliege und deshalb die Tatbestandsvoraussetzungen von § 24 Abs. 2 Nr. 1 Erste Sprengstoffverordnung nicht erfüllt seien, nicht weiter fest.
Vielmehr hat der geschilderte Vorfall gezeigt, dass ein wirksamer Schutz für das Rathaus nur durch ein Feuerwerksverbot in der direkten Umgebung sichergestellt werden kann.
Eine entsprechende Notwendigkeit besteht aufgrund der vorhandenen Bausubstanz aus Sicht der Verwaltung jedoch nur für das historische Rathaus. An den sonstigen Ausführungen in der Beschlussvorlage 0569/2019, insbesondere zu den Auswirkungen der Feinstaubbelastung, hält die Verwaltung fest.
Konkret wird deshalb dem Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Schwienfurt, der am Dienstag, den 14. Juli, ab 8 Uhr im Großen Sitzungssaal des Rathauses tagt, vorgeschlagen, das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F2 am 31.12. und am 01.01. eines jeden Jahres in folgendem Bereich zu verbieten:
– Markt
– Rückertstraße bis zur Einmündung Linsengasse
– Brückenstraße bis zur Einmündung Judengasse
– Metzgergasse bis zur Einmündung Judengasse, einschließlich Platz hinter dem Rathaus
– Rathausinnenhof.
Seitens der Verwaltung wurde geprüft, zur Kompensation eine Lasershow am Marktplatz, gegebenenfalls im Rahmen einer Veranstaltung, anzubieten. Allein für die Lasershow wäre mit Kosten von rund 30.000 EUR zu rechnen. Hinzu kämen Kosten für Absperrung, Sicherheitspersonal etc. Ob sich ein Dritter als Veranstalter finden ließe, wäre ebenfalls fraglich, sodass auch Aufwand bei der Planung entstünde.
In Landshut wurde eine solche Lasershow erstmals beim Jahreswechsel 2018/2019 angeboten. Die Resonanz in der Bevölkerung war trotz mäßigen Wetters sehr gut. Bei einer Wiederholung wurde das Angebot noch besser angenommen. Aufgrund der aktuellen Haushaltslage, der Erfahrungen aus der pandemischen Lage im Frühjahr 2020 und der Tatsache, dass mit einem Impfstoff gegen das SARS-COV2-Virus frühestens Mitte 2021 zu rechnen ist, kann eine solche Ersatzveranstaltung, zumindest für den Jahreswechsel 2020/2021, jedoch nicht empfohlen werden.
Der Bericht stammt aus der Beschlussvorlage der Tagesordnung zur Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Dienstag, den 14.07.2020.
Ulrike Schneider findet es „etwas ungewöhnlich, mitten im Hochsommer über die Silvester-Böllerei beraten zu müssen… aber das hat der alte Stadtrat zu verantworten, der sich vor Weihnachten nicht in der Lage sah, über den Antrag Beschluss zu fassen. Da ihrem Antrag nun stattgegeben wurde, entschloss sich die Stadträtin von Zukunft. zu einem Statement, „der Kampf war hart genug“…
Hier das, was sie den Medien schreibt:
Die erfreuliche Nachricht: Dem Antrag ist nun stattgegeben worden, zumindest was die Kernstadt rund ums Rathaus betrifft. Wenn der Haupt- und Finanzausschuss zustimmt, wird es in Zukunft keine Böllerei, keine extreme Feinstaubbelastung und keine Müllberge mehr am Marktplatz und um das Rathaus herum geben. Ein erster Schritt… ! Die Beschlussvorlage aus dem Dezember hatte noch auf Ablehnung gelautet, aber dann wurden viele Bürgerstimmen laut, das mag seinen Teil dazu beigetragen haben – mehr als die zwei zu Bruch gegangenen Fenster im Rathaus…
Ausgangslage für den Antrag
Innerhalb weniger Stunden setzen die Feuerwerksböller zum Jahreswechsel circa 5.000 Tonnen besonders giftigen Feinstaubs frei. Diese Menge entspricht etwa 16 Prozent des jährlich im Straßenverkehr entstehenden Feinstaubs. Hinzu kommt, dass in der Silvesternacht ohne Not innerhalb kürzester Zeit riesige Müllberge produziert werden. Allein in den fünf größten deutschen Städten werden zum Jahreswechsel rund 200 Tonnen Silvesterabfall produziert.
Aus Ablehnung wird Zustimmung
Die Beschlussvorlage der Verwaltung lautete noch im Dezember auf Ablehnung, da man weder sprengstoffrechtliche noch das allgemeine Sicherheitsrecht betreffende Gründe vorliegen sah. Ich begrüße die neue Beschlussvorlage außerordentlich, denn es ist ein erster und wesentlicher Schritt, wenn die maßlose, kriegsähnliche Böllerei am Marktplatz unterbunden wird. Bezieht man das Feuerwerksverbot rund um Kirchen, Altenheime und Krankenhäuser mit ein, ist die nun „befriedete“ Fläche gar nicht mal so klein. Bedauerlich ist nur, dass immer erst einmal etwas passieren muss, bevor gehandelt wird!
Umweltverschmutzung als Kernargument
Was mich nachdenklich stimmt ist, dass das weitaus schwerwiegendere Argument der Umwelt- und Gesundheitsschädigung nicht ausreichen soll, um ein Verbot der Silvester-Böllerei auszusprechen. Im Umkehrschluss heißt das: Hätten wir keine zerschossenen Fenster in dieser letzten Silvesternacht gehabt, hätten wir nach wie vor keine Handhabe.
Wie machen das dann andere Städte? In München, Bayreuth, Passau gibt es viel weitreichendere Verbote. In vielen anderen Industrienationen ist die private Böllerei in Städten verboten: In Paris dürfen Feuerwerkskörper weder verkauft noch abgefeuert werden. In Dänemark und Slowenien sind Verkauf, Besitz und Verwendung von Knallkörpern generell verboten. Auch in Neuseeland oder Südafrika ist die private Silvester-Böllerei in den Innenstädten generell verboten. In Deutschland existieren vergleichsweise nur wenige Beschränkungen, aber doch an der ein oder anderen Stelle viel weitreichendere als in Schweinfurt.
Weitergehende Schritte
Die Deutschen Umwelthilfe (DUH) fordert eine Änderung des Bundesimmissionsschutzrechts und Änderungen in der 1. Sprengstoffverordnung, die es den zuständigen Behörden ermöglichen, allgemeine und großräumige Verbote für Knall- und Feuerwerkskörper nach deren Ermessen zu verhängen.
Ein von der DUH in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zeigt aber auch rechtliche Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene auf – rechtliche Möglichkeiten, die bislang vor allem von den kommunalen Spitzenverbänden bestritten wurden. Meine Frage an dieser Stelle: Hat sich die Stadt Schweinfurt ausreichend mit diesem Rechtsgutachten auseinandergesetzt? Wie kann es in der Beschlussvorlage vom Dezember 2019 lauten: „Weiterhin trägt der Verzicht auf Feuerwerk aus immissionsschutzrechtlicher Sicht zwar dazu bei, dass Natur und Umwelt weniger Belastungen durch Lärm und Schadstoffen ausgesetzt werden. Das wäre aber eine bundeseinheitlich zu bewertende Situation. Eine rechtliche Lösung auf kommunaler Ebene ist wegen fehlender Ermächtigungsnorm bzw. wegen nicht vorliegender Tatbestandsvoraussetzung nicht möglich. In der Gesamtbetrachtung würde sich zudem die Frage der Ermessensgerechtigkeit und der Verhältnismäßigkeit stellen, wollte man diese seit vielen Jahrzehnten geübte Tradition durchbrechen.“
Diese Rechtsauffassung ist höchst umstritten… juristisch wie auch ethisch!
Bei diesen Überlegungen will ich es aber bewenden lassen. Ich baue auf die Durchsetzungskraft der Deutschen Umwelthilfe, der es gelingen möge, ein Umdenken auf nationaler Ebene zu bewirken.
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