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Es geht um Soziales und Gesundheit: Interview, Teil 4, mit Barbara Pfeuffer, Direktkandidatin der Grünen für den Wahlkreis Schweinfurt/Kitzingen

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SCHWEINFURT / KITZINGEN – Die Grünen – kaum ein andere etablierte Partei ist so umstritten. Engagierte Klimaretter oder einfach nur selbstgefällige Moralapostel? Progressive Gestalter oder naive Multikulti- Idealisten? Grund genug, Barbara Pfeuffer, Direktkandidatin für den Wahlkreis Schweinfurt/Kitzingen bei der Bundestagswahl am 24.09. in einer vierteiligen Interviewserie genauer auf den Zahn zu fühlen.

Im vierten Teil unserer Interviewserie geht es um die Themen Soziales und Gesundheit. Frau Pfeuffer erläutert in diesem Zusammenhang auch, wie die Grünen für mehr Gerechtigkeit bei der Rente sorgen wollen.

Neben der Flüchtlingsdebatte und dem Dieselskandal ist vor allem die gerechte Ausgestaltung der Rente eines der Mega-Themen bei der diesjährigen Bundestagswahl. Die SPD will das Rentenniveau auf 48% festschreiben, gleichzeitig soll der Beitragssatz nicht über 22% steigen, evtl. Deckungslücken sollen aus dem Bundeshaushalt ausgeglichen werden. Die Union hält sich mit konkreten Zahlen bedeckt. Was planen die Grünen?
Barbara Pfeuffer: Die Grünen haben das Modell der Garantierente im Programm. Dieses Modell orientiert sich an den veränderten Bedingungen am Arbeitsmarkt. Es geht vor allem um eine angemessene Anerkennung der Lebensleistung. Wer viele Jahre gearbeitet hat, muss Anspruch auf eine Altersrente deutlich über der Grundsicherung haben. Das wird nur möglich sein, wenn die Rentenversicherung nicht ausschließlich aus Beiträgen finanziert, sondern durch weitere Geldmittel aufgestockt wird. Vor allem müssen die Rentenkassen einen kostendeckenden Ausgleich für versicherungsfremde Leistungen erhalten. Eine Mütterrente beispielsweise ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die alle Steuerzahler*innen aufkommen müssen. Den Griff in die Rentenkasse, wofür auch immer, darf es nicht mehr geben!

Jede vierte Frau erwirbt lediglich einen Rentenanspruch, der unterhalb Existenzminimums liegt. Läuft hier etwas falsch?
Barbara Pfeuffer: Frauen erwerben aus ganz unterschiedlichen Gründen nur geringe Rentenansprüche. Sie haben oft eine brüchige Erwerbsbiographie, oder arbeiten nur in Teilzeit. Sie tun das häufig, weil sie Kinder erziehen oder Angehörige pflegen. Das sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben, für die Anerkennung eigentlich selbstverständlich sein sollte. Mit der Garantierente haben wir genau das im Blick.
Ein weiterer Grund, warum gerade Frauen oft nur geringe Rentenansprüche haben, sind die geringeren Löhne. Frauen verdienen weniger als Männer. Berufe mit hohem Frauenanteil werden schlechter bezahlt. Da brauchen wir ein grundsätzliches Umdenken bei der Wertschätzung von Arbeit.

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Die Gesundheitsversorgung entwickelt sich immer mehr zu einer Zwei-Klassen-Medizin. Während Privatversicherte mit einer Fülle von (teilweise auch unnötigen) Behandlungsmaßnahmen „versorgt“ werden, wird die Versorgung der gesetzlich Versicherten in vielen Bereichen eher schlechter. Die privaten Krankenversicherungen locken junge, gesunde und gut verdienende Arbeitnehmer*innen mit niedrigen Beiträgen. Wo bleibt da die Solidarität mit alten und kranken Menschen und mit denjenigen, die nur wenig verdienen?
Barbara Pfeuffer: Die private Krankenversicherung ist in der Tat nur attraktiv, wenn man ein hohes Einkommen hat, sich auch im Alter die dann steigenden Beiträge leisten kann und notfalls auch die Behandlung aus eigener Tasche finanzieren kann. Tatsächlich hat ja auch die Großzügigkeit der privaten Krankenversicherung im Ernstfall ihre Grenzen. Mit Solidarität hat das alles wenig zu tun. Bei einem System, das den Marktgesetzen folgt, sollten wir aber auch keine Solidarität erwarten. Bei einer Weiterentwicklung unseres Krankenversichungssystems zu einer Bürgerversicherung können sehr viele Menschen profitieren. Damit machen wir unsere Gesundheitsversorgung solidarisch und zukunftsfest. Und ich bin mir ganz sicher, dass der Markt dann mit privaten Zusatzversicherungen auch Angebote für die Chefarztbehandlung und das Einbettzimmer im Krankenhaus entwickeln wird.

Obwohl die Pflege für den*die Einzelne*n sehr teuer ist, lässt die Qualität vieler Pflegeeinrichtungen zu wünschen übrig. Dabei liegt es meist nicht daran, dass das Pflegepersonal nicht motiviert wäre, sondern schlicht und einfach daran, dass sich viel zu wenig Pfleger*innen um viel zu viele Leute kümmern müssen. Wie kann dieser Missstand behoben werden?
Barbara Pfeuffer: Das grundsätzliche Problem liegt doch darin, dass die Pflege als Leistung am freien Markt organisiert ist. Gewinnmaximierung lässt sich mit dem Ziel einer guten und menschenwürdigen Pflege aber kaum vereinbaren. Man hat sich in den 90er Jahren dafür entschieden, die Pflegeleistungen den Marktmechanismen zu unterwerfen. Es ist heute an der Zeit, die Weichen neu zu stellen. Pflege muss gemeinnützig sein, Gewinne müssen zur Qualitätsverbesserung reinvestiert werden und dürfen nicht in den Taschen von Investoren verschwinden. Die Tatsache, dass kriminelle Organisationen unsere Pflegekassen plündern können, ist letztlich doch nur ein Zeichen dafür, dass politische Richtungsentscheidungen an dieser Stelle mehr als überfällig sind.

Warum erfahren Pflegeberufe so wenig soziale Anerkennung? Wie kann es gelingen, vor allem junge Menschen mehr für das Thema „Pflege- und Hilfsbedürftigkeit“ zu sensibilisieren?
Barbara Pfeuffer: Ein Beruf ist attraktiv, wenn er Spaß macht und gut bezahlt wird. Berichte über Pflegeeinrichtungen vermitteln aber genau das Gegenteil. Da geht es um Arbeitsüberlastung, um Überstunden und schlechte Bezahlung. Warum sollten junge Menschen vor diesem Hintergrund eine Ausbildung im Pflegebereich anstreben? Hier muss sich etwas an den Arbeitsbedingungen und an der Entlohnung ändern. Nur dann wird man engagierte und qualifizierte Fachkräfte rekrutieren können. Ob das unbedingt junge Menschen sein müssen, weiß ich nicht. Es ist schon auch naheliegend, dass jemand erst im Laufe des Berufslebens in den Bereich der Altenpflege wechselt. Das hat dann auch etwas mit Lebenserfahrung zu tun. Aber auch berufserfahrenes Personal wird nur dann in diesen Bereich wechseln, wenn es dort attraktive Angebote gibt. Guten Leuten muss man gute Angebote machen.

Haben Sie Fragen an Frau Pfeuffer? Für direkte Fragen erreichen Sie Frau Pfeuffer per e-mail unter barbara.pfeuffer@gruene-unterfranken.de ansonsten können Sie ihre Fragen natürlich auch in Kommentarform stellen. Frau Pfeuffer wird ihre Fragen in einem Interviewspecial zum Abschluss dieser Serie beantworten.



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