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Compliance – ein starkes Wort und wenig Umsetzung in Schweinfurt?

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SCHWEINFURT – Es betrifft uns alle, denn unsere Steuergelder werden durch Missbrauch von Ämtern in Kommunen und Stadtverwaltungen veruntreut. Natürlich passiert es wahrscheinlich jeden Tag: Es werden kleine oder große „Gefälligkeiten“ unter befreundeten oder verwandtschaftlich verbundenen Personen gewährt. Das kann im kleinen Maßstab die Spesenabrechnung des Kollegen betreffen, im großen die Vergabe von Aufträgen in Millionenhöhe. Compliance ist das Schlagwort: sie soll sicherstellen, dass gesetzlichen Vorschriften befolgt und eingehalten werden und Vorteilsnahmen verhindert werden.

Ob das Thema Compliance in der Schweinfurter Stadtverwaltung richtig umgesetzt wird, scheint leider noch sehr fraglich. Jüngste Berichte über Betrugsfälle und Vorteilsnahme in der Verwaltung zeigen, dass es wohl noch starken Verbesserungsbedarf gibt. Die Stadt selbst hüllt sich dazu in Schweigen: Auf Fragen unserer Redaktion zum Thema reagiert das Büro des Oberbürgermeisters Sebastian Remelé leider nur mit einem lapidaren: „Der Stadtrat hat im November 2021 im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Jahr 2022 beschlossen, die Aufgaben Compliance, Korruptionsprävention und Hinweisgeberrichtlinie extern zu vergeben. Die Vorbereitungen zur Vergabe laufen und die Vergabe wird im Jahr 2022 auftragsgemäß erfolgen. Da ein Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung läuft, bleiben alle weiteren Fragen von uns unkommentiert.“

Fragen wie „Welche Konsequenzen haben Sie gezogen, um zukünftig eine korrekte Compliance-Bearbeitung sicher zu stellen? Insbesondere: sollen künftig Compliance-Beauftragte das Recht und die Pflicht bekommen eigenständig Strafanzeige zu stellen bei Delikten innerhalb Ihrer Verwaltung?“ oder „Gibt es grundsätzlich strukturelle Probleme im Rathaus, die möglicherweise eine korrekte Compliance verhindern? Insbesondere: gibt es romantische oder familiäre Beziehungen zwischen Ratsmitgliedern und wichtigen Mitarbeitern Ihrer Verwaltung und im Bereich der Compliance? Was tun sie als Vorgesetzter, um hier eventuelle Interessenskonflikte zu vermeiden bzw. bereits den Anschein einer unsauberen Verwaltung zu vermeiden?“ bleiben leider komplett und unverständlicherweise unbeantwortet.

Die Staatsanwaltschaft Schweinfurt teilt über die Ermittlungen in Bezug auf die Compliance-Stelle im Schweinfurter Rathaus mit: „Das Ermittlungsverfahren wurde (erneut) mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.“

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Schweinfurter Bürger, die Mitglieder in der Bürgerplattform-Schweinfurt sind und Anzeige erstattet hatten, sehen aber noch immer nicht alle Fragen zum Thema beantwortet. Sie schreiben: „Für die Anzeigenerstatter ist die Einstellung jedoch nicht nachvollziehbar, denn diese sind der Ansicht die beschuldigte Person hätte den Dienstweg überspringen und den OB informieren müssen, wenn sie feststellt, dass nichts vorangeht…“

Aufgeklärt: Compliance – Ein starkes Wort, aber was bedeutet das eigentlich?
Es kommt aus der Geschäftswelt: Unter Compliance ist das Befolgen bzw. Einhalten von gesetzlichen Vorschriften zu verstehen. Der Begriff Compliance impliziert auch ungeschriebene Gesetze, also Regelkonformität. Compliance betrifft Themengbiete wie Arbeits- und Kartellrecht, Handel und Datenschutz. Im Zeitalter der Globalisierung bestehen erhöhte Risiken in der Geschäftswelt. Wirtschaftskriminalität ist weit verbreitet und somit entstehen rasch finanzielle und andere Probleme. Compliance zielt darauf ab, Schäden abzuwenden und Haftungsfälle bzw. Klagen auf Schadenersatz zu verhindern. Der Hintergedanke dabei ist es, die gute Reputation eines Unternehmens zu gestalten und zu erhalten. Compliance gewinnt weltweit zunehmend an Relevanz. Die EU-Länder haben sich an verabschiedete EU-Richtlinien zu halten. Die einzelnen Nationen sind angehalten, diese entsprechend in neuen Gesetzen umzusetzen und Unternehmen diesbezüglich in die Pflicht zu nehmen. Angesichts weit verbreiteter Phänomene wie Lobbyismus, Umweltskandalen, sexuellen Übergriffen und Veruntreuungen von Steuergeldern geraten Unternehmen schnell in Verruf. Umso wichtiger ist es für sie, sich durch ein gut durchdachtes Compliance Management System abzusichern.

Was Compliance leistet
Compliance hat nicht lediglich den Zweck, in Unternehmen korrupte Verhaltensweisen zu unterbinden. Vielmehr umfasst der Begriff auch die Vorbeugung potenzieller Straftaten. Dazu gehört auch die sexuelle Belästigung in der Arbeitswelt. Viele Prominente sind öffentlich im Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen in Misskredit geraten. Gerade aufgrund der Präsenz sozialer Medien verbreiten sich solche Skandal rasend schnell. So erfährt die Öffentlichkeit von den potenziellen Straftaten. Schützen Unternehmen Opfer nicht ausreichend und hat das strafbare Verhalten der Täter keine Konsequenz ,so leiden Betroffene immens. Sobald Übergriffe am Arbeitsplatz mit dem Namen einer Firma in Verbindung gebracht werden und womöglich sogar Ermittlungen anstehen, ist der Imageschaden für das Unternehmen als Arbeitgeber und Geschäftspartner immens.
In Compliance zu investieren bedeutet Verstöße rechtzeitig und erkennen. Dann gilt es sofort Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Das Unternehmen hält Gesetze ein und so schützen sich Geschäftsführung und Mitarbeiter vor strafbaren Handlungen und deren Verfolgung. Das bringt dem Unternehmen ein gutes Image, was es wiederum für Investoren, Bewerber und Businesspartner interessant macht. Integrität als fest verankertes Element der Unternehmenskultur ist die Grundlage eines effizienten Compliance-Managements. Nur Integrität garantiert, dass Compliance-und Ethik-Programme im Unternehmen einen hohen und ernst zu nehmenden Stellenwert einnehmen und Mitarbeiter auf dieser Basis die Unternehmensziele umsetzen.

Compliance in Städten und Kommunen
Ein Compliance Manager ist in Städten und Kommunen sinnvoll. Schließlich sind letztere Träger von Unternehmen und auch von Einrichtungen, denen sie öffentliche Aufträge erteilen. Der Compliance Beauftragte haben regelmäßig die Aufgabe, die Auftragsvergabe auf Rechtskonformität zu überprüfen. Weiterhin müssen sie Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten, persönliche Vorteilsnahme und Begünstigungen nachgehen. Compliance gibt Mitarbeitern Orientierung, indem einheitliche Mindeststandards geschaffen werden. Festgelegte Regeln sind für alle städtischen Unternehmen verpflichtend. Die Unternehmen haben die Möglichkeit, firmeninterne Compliance Beauftragte einzusetzen. Auch für Führungspersönlichkeiten gelten diese Richtlinien. Sie haben also ihre Handlungsweisen darauf auszurichten und zu beachten, dass Beschlüsse stets rechtskonform sind.

Anforderungen an den Compliance-Beauftragten
Die an den Compliance Beauftragten gestellten Anforderungen sind hoch: Das Legal Compliance Managementsystem ist komplex und dessen präzise Umsetzung von großer Bedeutung. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Kommunikation zwischen Compliance Beauftragten und Beschäftigten sowie die Validierung und Anpassung von Veränderungen. Diese Prozesse zu realisieren ist die alleinige Verantwortung des Compliance Beauftragten. Dafür benötigt er ein großes fächerübergreifendes Wissen, exzellente Branchenkenntnisse, ausgeprägte kommunikative Kompetenz und vor allem hat er das Unternehmen oder die Verwaltung wie seine Westentasche zu kennen.
Ein Compliance Beauftragter braucht Führungskompetenz. Schließlich steht es in seiner Verantwortung, dass Mitarbeitern das innerbetriebliche Compliance Management in Fleisch und Blut übergeht. Er muss also bezüglich geltender Regelungen stets up to date sein und diese weitergeben, Eine weitere Herausforderung seiner Position ist ein frühzeitiges Erkennen und Beheben von Fehlentwicklungen. Dabei kommt es auf sein Verständnis sowie die Umsetzung juristischer Texte an.
Er berät die Vorgesetzten, welcher er unmittelbar untersteht und der er auch regelmäßig Bericht zu erstatten hat. Er ist beim Thema Rechtskonformität oberster Hüter.

Wie der Compliance Beauftragte auf Fehlverhalten zu reagieren hat
Er garantiert im Arbeitsalltag, dass Prozesse rechtskonform ablaufen. Stellt der Compliance Beauftragte Missstände oder Fehlverhalten fest, so hat er dies der Geschäftsleitung mitzuteilen. Andernfalls hat dies für ihn ggf. zivil-und strafrechtliche Konsequenzen. Er hat auf der Grundlage der Führungsgrundsätze Unternehmensinteressen zu vertreten und Unternehmensziele zu verfolgen und stellt dabei die Rechtskonformität sicher. Er ist Dritten gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet. Beim Verstoß gegen die genannten Pflichten drohen dem Compliance Beauftragten Disziplinarmaßnahmen einschließlich der eventuellen fristlosen Kündigung. Übrigens ist ein externer Compliance-Beauftragter eine gute Option. Ein Vorteil dieser Lösung ist die Distanz zwischen Compliance-Beauftragtem und Auftraggeber.

Fazit
Es scheint, als gibt es noch viel zu tun um eine korrekte Compliance sicher zu stellen. Der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Wiesbaden, Dr. Helmut Müller formuliert es korrekt: „„Für einen Rechtsstaat ist die Integrität der öffentlichen Verwaltung von zentraler Wichtigkeit. Korruption kann große Schäden anrichten und beeinträchtigt empfindlich das Ansehen des Staates. Soziale Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt — das ist die zentrale Aufgabe einer modernen Verwaltung. Korruption gefährdet das soziale System und steht im Widerspruch zu einer bürgernahen Dienststelle. Zur Bekämpfung der Korruption reichen Kontrolle und Strafandrohung alleine allerdings nicht aus. Genauso wichtig ist, dass die Beschäftigten der Stadtverwaltung Unbestechlichkeit und Transparenz als Forderung an die eigene Persönlichkeit und das eigene Gewissen verstehen.“



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