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Solide Rede – und die Bayern-SPD stellt sich neu auf: Der Schulz-Zug kommt in Schweinfurt wieder aufs Gleis

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SCHWEINFURT – Der Landesparteitag der SPD in Schweinfurt dieses Wochenende war wegen der roten Parteiflaggen vor dem Konferenzzentrum schon von weitem zu sehen. Die eine Spur auf der Maxbrücke von Stadt auswärts reichte für den Zwischenstopp des Kanzlerkandidaten der SPD, der den Zuspruch der 300 Delegierten und zahlreichen Gäste dringend gebrauchen konnte, gut aus.

Im Foyer des Konferenzzentrums präsentierten sich diverse Arbeitsgemeinschaft der SPD, Firmen und Lobbyverbände. Die Sparkasse spendierte kostenfreien Kaffee; FAZ und Welt lagen als Unterhaltung zur Lektüre aus. Die örtliche SPD-Vorsitzende MdL Kathi Petersen sprach später im Plenum ein Grußwort und pries Schweinfurt als Stadt, die den Strukturwandel gut geschafft habe; bedauerte aber das Desinteresse der aktuellen Stadtführung um den OB an dem Fakt, dass Schweinfurt im Vergleich Bayerns größte Kindesarmut aufweist.

Am Samstag hatte die BayernSPD zunächst mit Natascha Kohnen wieder eine Frau an ihre Spitze gewählt. Danach kamen ihre Vize an die Reihe: Die Schweinfurter Gewerkschafterin Marietta Eder bekam von den drei Stellvertretern das beste Ergebnis. Hektisch wurde es für die Helfer und Helferinnen, weil Carsten Höllein noch kurzfristig überraschend seine Kandidatur als Vize erklärt hatte. Die Programme der Kandidaten mussten daher kurzfristig wieder geöffnet werden, seine Bewerbung nachsortiert und dann wieder getackert werden. Stress hoch Zehn im SPD-Tagungsbüro, das von der lokalen SPD-Geschäftsführerin Isabella Walter geleitet wurde.

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Der im Vorfeld heftig kritisierte scheidende SPD-Landesvorsitzende Florian Pronold bekam nach seiner Rede von den Anwesenden stehende Ovationen. Am Familienfest der SPD an der Mainlände stand der Spitzenkandidat seiner Partei auf der Landesliste dann entspannt bei einem Schweinfurter Bier und plauderte gelöst mit seiner Freundin und Parteifreunden. Später sah man auch die neue Chefin Kohnen bei einem Radler im Gespräch mit Bürgern. Zu essen vor Ort gab es Steak und Gyros vom Team vom Dorfwirtshaus sowie syrische Spezialitäten neben Kaffee und Kuchen. Von einer Bühne gab es live einen bunten Mix von Oldies, Countrymusik und anderen Klassikern. Darüber stand „Zeit für Gerechtigkeit.“ Schulz war zu dieser Zeit noch nicht zu sehen, außer als große Pappfigur.

Gegen 11:20 betrat der neue Parteichef der SPD am Sonntag das Konferenzzentrum, von Anfang an umringt von einer großen Pressetraube, wobei ihm teilweise die Kamera nur zentimeterweise vor das Gesicht gehalten wurde, so dass es ihm schwer gefallen sein muss, die ihm zujubelnden Gäste erkennen zu können. Das Selbstverständnis der Presse auf absolute Nähe ist für Spitzenpolitiker sicher nicht einfach. Der Parteitag wurde nach der Kunde von seinem Eintreffen unterbrochen und es begann Jubel und Fahnenschwenken. Dieser ebbte ab, nachdem nach fünf Minuten der Kanzlerkandidat noch immer nicht den Saal betreten hatte. Er wurde wohl von der Presseschar mit Interviewanfragen aufgehalten. Als er nach einer gefühlten Ewigkeit dann doch endlich den Saal betrat, war der Jubel wieder groß. Bisschen wie im Fußballstadion.

Schulz´ Rede wurde mithilfe eines großen Beamers übertragen. Die Erwartung an ihn war groß. „Es mag viele Kritiker enttäuschen, aber die Rede von Martin Schulz in Schweinfurt hat Inhalt für drei Wahlkämpfe geboten. Es lag keine Regieanweisung auf den Tischen und trotzdem hat es sie Zuhörer von den Sitzen gerissen“, postete Schweinfurts SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Hofmann später begeistert auf facebook. Auch MdL Kathi Petersen befand Schulz Rede als „sehr gut.-“ Für MdB Bernd Rützel (Würzburg) habe Schulz in seiner 75-minütigen Rede mehr Inhalte angesprochen als Angela Merkel in ihrer gesamten zwölfjährigen Kanzlerschaft. Rückenwind, den der ehemalige Europapolitiker Schulz sicher dankbar annahm.

Schulz sprach in seiner Rede das kleine Unternehmertum an, dass in seiner SPD eine gute Heimat fände – auch wenn die Union alle Unternehmer gerne für sich reklamiere. „Wir wollen das Unternehmen Gewinne machen! Wir wollen doch nicht, dass sie Verluste machen!“, räumte der ehemalige Buchhändler Schulz mit einem verbreiteten Vorurteil gegen seine Partei ein für alle mal auf. Die großen Unternehmen seien das Problem, die zum Teil keine Steuern zahlen. An diese möchte der SPD-Spitzenkandidat ran; und er möchte eine Finanztransaktionssteuer für internationale Börsengeschäfte. Seine Unterstützung habe hingegen die ehrliche, hart arbeitende Bürgerschaft.

Anders als seine politische Konkurrenz möchte Schulz die derzeitigen Steuerüberschüsse in öffentliche Infrastruktur stecken, um das Land zukunftssicher zu machen. Kostenfreie Kita-Plätze, sichere Straßen, bessere Bildung.

Das dritte Highlight seiner Rede war, dass er anders als die Kanzlerin mehr Klartext in der Außenpolitik sprechen will. Gegen einen Erdogan, Trump und andere; aber immer an der Seite vom neuen französischen Präsidenten Macron. Anstelle des gehobenen deutschen Zeigefingers soll die EU im Einklang mit den europäischen Partnern gestärkt werden.

Das ist wohl das Gegenmodell zur Kanzlerin, dass Schulz dem Wähler schmackhaft machen will: Ein anderer Umgang mit den ausländischen Partnern, mit finanziell Schwächeren in unserem Land und weltweit sowie klare Kante gegen Feinde der Demokratie – von der AfD über Trump und Erdogan. Revolutionäres fand sich in der Rede von Schulz damit also nicht. Aber es präsentierte sich als ein seriöser Kandidat, der eine Alternative zu der in Dauerschleife-regierenden Kanzlerin ist. Die schlechten Umfragewerte negierte er nicht; er machte aber klar, dass diese sich auch wieder ändern könnten. Nun hat auch der Wähler das Wort.

Aus Schweinfurt mit Text und Fotos: Christopher Richter für inundumsw.de



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