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Absolut lesenswert: „Die zwei Leben des Michael Tönnies“, der einst in Schweinfurt Keeper-Oldie Dietmar Diekmann ein Ding einschenkte

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SCHWEINFURT / ESSEN / DUISBURG – Der 18. August 1990 geht als einer der ganz schwarzen Tage ein in die Geschichte des FC 05. In der 2. Fußball-Bundesliga unterlagen die Schnüdel damals zuhause vor rund 5000 Fans dem MSV Duisburg mit 0:6.

Das war frühzeitig in der Saison der Anfang vom Ende und ein Zeichen, dass dieser Kader – es liefen 12 Franken gegen den MSV auf! – im Profigeschäft keine Chance haben würde. Wie elf Jahre danach hielt sich der FC 05 nur ein Jahr in Liga zwei. Während 1990/91 mit Peter Galm der Vorstand das Geld für Verstärkungen scheute, machte 2001/2002 Präsident Gerhard Hertlein genau das Gegenteil und blähte einen gut funktionierenden Kader immer mehr mit Fremdspielern auf, so dass am Ende alles schief ging – und der Verein wenige Jahre danach sogar in Richtung Insolvenz schlitterte.

Zurück zum 18.08.1990: Dietmar Diekmann hütete damals mit schon über 40 Jahren den Schnüdel-Kasten. er musste sich bezwingen lassen von Michael Tarnat, von Ewald Lienen – und auch von Michael Tönnies. Der verstarb Ende Januar diesen Jahres mit nur 57 Jahren. Nach seinem Teamkollegen Toni Puszamszies und dem Schweinfurter Oliver Wölfling ist er der dritte Spieler dieser Partie, der nun nicht mehr unter uns weilt.

Sturm-Legende Tönnies starb an einer Lungen-Embolie. Dabei glaubte er doch, nach einer Lungen-Transplantation wenige Jahre zuvor 100 Jahre alt werden zu können. Der gebürtige Essener wurde 1991 so richtig berühmt, als er beim Duisburger Kantersieg in der 1. Bundesliga gegen den Karlsruher SC den schnellsten Hatrick aller Zeiten erzielte – und das gegen den damals noch recht unbekannten Oliver Kahn im KSC-Kasten…

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Jan Mohnhaupt wurde damals als Junge zum MSV-Fan. Jahre später schrieb er als Journalist eher aus dem Zufall heraus „Auf der Kippe – Die zwei Leben des Michael Tönnies“. Der Titel passt: Denn der Fußballprofi lebte nie so, wie das sein sollte, rauchte um die 80 Zigaretten am Tag, stürzte in der Kneipe ab, verspielte sein Geld an Automaten. Als er krank wurde, da erinnerten sich die Fans der Zebras an ihren einstigen Helden – und ermunterten ihn, seine Angst vor der Operation zur neuen Lunge zu überwinden.

Das 232 Seiten starke Buch treibt einem mehrfach – gerade jetzt im Wissen, dass Michael Tönnies seine Krankheit – Lungenemphysem – nun doch nicht überstanden hat, mehrfach das berühmte Pipi in die Augen. Leben eins beschreibt ausführlich und launig das Fußball-Talent Tönnies, das sich nie quälen wollte, weshalb er sich jahrelang mit Amateur-Fußball in der Oberliga zufrieden gab. Oder mit einer Saison in Franken in der 2. Bundesliga bei der Spvgg Bayreuth, wo er sich total unwohl fühlte, teils für einen einzigen Abend zuhause heim nach Essen fuhr. Und weshalb Tönnies nach dem Tore-Triumph gegen Karlsruhe schnell wieder nach unten abstürzte.

Leben zwei: Die Krankheit, die Angst vor der Transplantation, die Rückkehr vom Familienleben nach einer Scheidung in sein altes Kinderzimmer im Haus der Eltern. Auch Fußballgötter – und vielleicht sogar gerade die – können abstürzen. Doch die Duisburger Anhänger gaben Michael Tönnies den neuen Mut zurück. Dreimal scheiterte zunächst eine Transplanation, dann ging alles gut. Mit neuer Frau, Beschäftigungen bei seinem Heimatverein und als Co-Stadionsprecher beim MSV kehrte „Der Dicke“ zurück ins Leben.

Das endete nun – obwohl das tolle Buch noch ein Happy End hat… Tragisch. Und umso lesenswerter jetzt!

Jan Mohnhaupt
„Auf der Kippe – Die zwei Leben des Michael Tönnies“
Erschienen im Verlag Die Werkstatt
ISBN 978-3-7307-0165-2

Daten zum Spiel in Schweinfurt:
http://datencenter.dfb.de/matches/201088



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